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Donnerstag, 28. März 2024
Digitale Wirtschaft darf kein Steuerparadies sein

Handelsverband fordert „Aktion scharf“ im E-Commerce

Hintergrund | Dominik Schebach | 18.09.2018 | | 1  Archiv
Mit fünf Maßnahmen will Handelsverband-GF Rainer Will kurzfristig die steuerlichen Vorteile von E-Commerce-Händlern aus Drittstaaten ausgleichen. Mit fünf Maßnahmen will Handelsverband-GF Rainer Will kurzfristig die steuerlichen Vorteile von E-Commerce-Händlern aus Drittstaaten ausgleichen.

Für den Handelsverband stellt die derzeitige Praxis in der Besteuerung von E-Commerce-Unternehmen eine klare Wettbewerbsverzerrung dar. Nach Einschätzung von Handelsverbands-GF Rainer Will braucht es daher dringend klare gesetzliche Rahmenbedingungen für die digitale Wirtschaft sowie eine lückenlose steuerliche Erfassung, um diese  Steuervorteile gegenüber der traditionellen Wirtschaft auszugleichen.

„Der internationale E-Commerce darf nicht länger – und damit meinen wir auch nicht bis 2021 – als Steuerparadies für Online-Händler aus Drittstaaten instrumentalisiert werden“, erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Deswegen schwebt Will eine Zwischenlösung in Form von Schwerpunktkontrollen und Planquadraten vor, um auf einen Schlag tausende Pakete zu kontrollieren.

Dem Handelsverband-GF ist allerdings klar, dass sich damit das Problem der systematischen Steuervermeidung weder strukturiert noch flächendeckend lösen lässt. Er plädiert daher für eine „Aktion scharf“ gegen die vorsätzlichen Steuersünder: „Jedes Unternehmen, das bei einer Stichproben-Kontrolle beim Einfuhrumsatzsteuer-Betrug erwischt wird, sollte für den Versand gesperrt und bestraft werden. Das hat eine abschreckende Wirkung für Drittstaat-Händler, die sich auf Kosten heimischer Konsumenten und Händler bereichern. Die Zeit des Wegschauens und Vertröstens muss vorbei sein.

Handlungsbedarf

Besonders asiatische Handelsplattformen würden laut Will ihre Pakete im Cross-Border-Handel fast gänzlich zoll- und mehrwertsteuerfrei in die EU schleusen. Das Schadensausmaß durch die entgangene Umsatzsteuer liege hierfür in Österreich bei mehreren hundert Millionen Euro – und europaweit bei mindestens 7 Mrd Euro. Damit ergebe sich aber auch eine steuerliche Ungleichbehandlung des stationären Handels und der „Digital Economy“. Während die Old Economy im europäischen Schnitt 23% an Steuern zahle, liefern digitale Großkonzerne nur 9% an den Fiskus ab.

Als Gegenmaßnahme empfiehlt der Handelsverband fünf konkrete Maßnahmen, die auch das Überleben des heimischen Handels sichern sollen:

*   Maßnahme 1: Versteuerung & digitale Verzollung ab dem ersten Cent
bei Einzelpaketversand in die EU
Dazu sollte laut dem Handelsverband die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung bis 22 Euro sowie die Zollfreigrenze bis 150 Euro sollte so rasch wie möglich abgeschafft werden, um auch asiatische Online-Händler besteuern zu können. Denn die von der EU geplante Abschaffung dieser Befreiungen mit 2021 komme angesichts der Wachstumsraten der chinesischen Exporte zu spät. Im Gegenzug sollten europaweit die Zollformalitäten vereinheitlicht und digitalisiert werden, um die Paketströme auch in Zukunft zu bewältigen.

*   Maßnahme 2: Einführung einer Bearbeitungsgebühr für Sendungen aus Drittstaaten
Diese digitale Verzollung sollte Hand in Hand mit der Einführung einer Bearbeitungsgebühr für Sendungen aus Drittstaaten gehen. Diese wurde bereits von Deutschland sowie Schweden angedacht, denn angesichts der
stetig steigenden Paketvolumina sei eine Einzelpaketprüfung durch die
Zollbeamten heute de facto unmöglich.

*   Maßnahme 3: EU-weit einheitliche Konditionen bei pauschaler
Palettenverzollung
Aktuell haben in der Europäischen Union drei Länder (Großbritannien,
Tschechien und die Niederlande) extrem günstige Konditionen bei der
Verzollung von Paletten aus Asien. Das ist unfair und sollte künftig
europaweit einheitlich gestaltet sein, um eine drohenden
Abwärts-Spirale zu verhindern.

*   Maßnahme 4: Online-Marktplätze zur Verantwortung ziehen
Für Versandhandelslieferungen aus dem Drittland in das
Gemeinschaftsgebiet gelten aufgrund beschlossener Änderungen der
EU-Mehrwertsteuerrichtlinie neue Regeln: Ab 1.1.2021 wird
Online-Markplätzen die Verantwortung dafür übertragen, die fällige
Mehrwertsteuer abzuführen. Dass diese Vorgehensweise durchaus Erfolg bringt, zeigt das Beispiel Großbritannien: Dort lukrierte der Fiskus mit dieser Mehreinnahmen von schätzungsweise 1 Mrd. Pfund.

*   Maßnahme 5: Einführung der virtuellen Betriebsstätte
Durch die von der Bundesregierung und der EU-Kommission bereits
angekündigte Einführung des Konzepts der digitalen oder virtuellen
Betriebsstätte sollen künftig auch E-Commerce-Plattformen ohne
physische Präsenz in Österreich besteuert und damit die
Körperschaftssteuervermeidung durch Digitalkonzerne gestoppt werden.
Gerade bei der Ertragsbesteuerung ist ein nationaler Alleingang
jedoch nicht unproblematisch, weshalb hier ein internationaler
Schulterschluss – zumindest auf OECD-Ebene– zielführend ist.

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Kommentare (1)

  1. Volle Zustimmung

    Alles richtige Forderungen, nur eben schon etwas spät. Und ob irgendetwas davon wirklich umgesetzt wird? Da spielen in Europa viele verschiedene Interessen mit.

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