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Dienstag, 19. März 2024
Gemeinsame Kritik von allen drei Netzbetreiber-CEOs

Telekommunikationsgesetz: Vorschlag enttäuscht

Telekom | Dominik Schebach | 16.02.2021 | | 1  
Das TKG 2020 setzt bezüglich des 5G-Ausbaus die falschen Signalen. Das TKG 2020 setzt bezüglich des 5G-Ausbaus die falschen Signalen. Bei der heutigen Pressekonferenz der Internetoffensive Österreich brachten die drei CEOs der heimischen Netzbetreiber deutliche Kritik an dem derzeitigen Entwurf für das Telekommunikationsgesetz 2020 an: In der derzeitigen Fassung würde das Gesetz eine Kehrtwende beim raschen 5G-Ausbau bedeuten und damit die Wettbewerbsfähigkeit des digitalen Wirtschaftsstandortes nachhaltig gefährden.  

Mit dem TKG 2020 soll die EU-Richtlinie über den europäischen Kodex für elektronische Kommunikation (EECC) in nationales Recht überführt werden. Das sollte bis Ende des vergangenen Jahres geschehen sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte das zuständige Landwirtschaftsministerium, welches unter Türkis/Grün die Telekom-Agenden übernommen hat, gerade den Entwurf ausgeschickt. Der EECC hat u.a. das Ziel, Anreize für Investitionen in Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetze für die kommende Dekade sicherzustellen. Ein Ziel, das mit dem nun vorliegenden Entwurf nach Ansicht der CEOs von A1, Magenta und Drei nicht erreicht wurde. Die Branchenvertreter sind sich einig, dass der aktuelle Gesetzesentwurf vielmehr einen massiven Rückschritt zur aktuellen Rechtslage darstellt und damit die ambitionierten Ausbau- und Konnektivitätsziele der österreichischen Bundesregierung nicht erreicht werden können. Der Gesetzesentwurf setze überdies ein verheerendes Zeichen für den digitalen Investitionsstandort Österreich.

Dementsprechend betont A1  CEO Marcus Grausam: „Das Telekommunikationsgesetz markiert den Scheideweg für den Digitalstandort Österreich und setzt die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Breitbandausbau für die nächste Dekade. Um die nationalen und europäischen Zielsetzungen zu erreichen, braucht es faire Standortmieten, gestärkte Rechte für Infrastrukturbereitsteller und entbürokratisierte und beschleunigte Verfahren, damit der Ausbau zügig durchgeführt werden kann. Mit dem derzeitigen Gesetzesentwurf wird Österreich im internationalen Digitalisierungsrennen deutlich zurückfallen. Unsere Konzerne haben weitreichende Investitionscommitments in Österreichs 5G- Infrastruktur gemacht. Im Gegenzug, so setzt es die 5G-Strategie fest, ermöglicht die Bundesregierung einen schnelleren und günstigeren Ausbau der 5G-Netze, damit die Investitionen in den Rollout ihre Wirkung entfalten können. Dieser Pakt muss halten.“

Auch Rudolf Schrefl, CEO Drei Österreich, appelliert deswegen an die Bundesregierung, den vorliegenden Entwurf zu korrigieren: „Wir sind davon überzeugt, dass die Ziele der Bundesregierung zum 5G-Ausbau noch erreicht werden können, wenn die Investitionshürden im TKG aufgehoben werden und im Sinne des EECC-Spirits gehandelt wird. Es herrscht Konsens darüber, dass nur Investitionsanreize einen raschen 5G-Roll-out ermöglichen – umso überraschender ist, dass sich diese im Gesetz nicht wiederfinden. Die Branche ist grundsätzlich bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber wir brauchen eine dringende Trend-Umkehr: Während die Industrie den Ausbau stemmt, müssen Aufgaben der Betreiber im öffentlichen Interesse möglichst umfassend von der öffentlichen Hand finanziert werden. Und obwohl die Beschwerden der Konsumenten aufgrund der guten Zusammenarbeit zwischen RTR und Betreibern seit Jahren zurückgehen, werden die Endkundenrechte durch eine überbordende Interpretation des EECC unnötigerweise verschärft.“

Auch Andreas Bierwirth, CEO Magenta Telekom Austria sieht in dem Gesetzesentwurf eine Themenverfehlung: „Für einen starken Digitalstandort Österreich müssten eigentlich zwei übergeordnete Ziele im TKG 2020 verfolgt werden:  Mehr Investitionen in Digitalisierung sicherstellen und Gold Plating bei Konsumentenschutz vermeiden. Beides wird mit diesem Vorschlag verfehlt. Europaweit wird die Digitalisierung forciert, in Österreich gehen wir den umgekehrten Weg und bremsen die Digitalisierung mit dem Gesetzesvorschlag. Wir appellieren daher an die Bundesregierung, eine grundlegende Überarbeitung des TKG-Entwurfs durchzuführen und den Austausch mit den Expertinnen und Experten der Branche nachzuholen, um einen erfolgversprechenden Telekom-Rechtsrahmen für die nächsten Jahre zu schaffen. Österreich kann sich nicht leisten, wieder 18 Jahre zu warten, bis sich die Rahmenbedingungen im Digitalisierungsrennen entscheidend verbessern.“

Die Ausgangslage

Bei so einer geballten Kritik, stellt sich natürlich die Frage: Was ist da passiert? Ursprünglich hatte sich ja Österreich mit der 5G und Breitband-Strategie klare Ziele gesetzt, um zu einem Vorreiter der Digitalisierung und bei 5G in Europa zu werde sowie die digitale Kluft zwischen Land und Stadt zu verringern. Diese Ziele spiegeln sich auch im aktuellen Regierungsprogramm wider. Darauf aufbauend haben sich die drei Mobilfunkunternehmen erst im vergangenen Herbst im Rahmen der 5G-Auktion verpflichtet, 1700 unterversorgte Gemeinden an das 5G-Netz anzubinden  und bis 2023 90% der Bevölkerung mit 5G-Highspeed zu versorgen.

Für das bisher größte Mobilfunk-Ausbauprogramm der österreichischen Geschichte wollen die drei Telekommunikations-Unternehmen insgesamt etwa drei Milliarden Euro investieren. Im Gegenzug, so setzt es die 5G-Strategie fest, schafft die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für einen schnelleren und günstigeren Ausbau der 5G-Netze, damit die Investitionen ihre Wirkung entfalten können.

Massiver Rückschritt

In der Branche rechnete man berechtigterweise damit, dass das neue Telekommunikationsgesetz den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzt, und als Investitionsprogramm gemäß nationaler Zielsetzung und europäischen Richtlinien den Roll-out vereinfachen und vergünstigen und das Gold Plating für Endnutzerrechte minimieren wird. Diese Hoffnungen wurden nun mit dem Gesetzesentwurf enttäuscht: Dieser führt zu zusätzlichen Rechtsunsicherheiten und beinhaltet zahlreiche marktfremde Lösungen, die in Summe massive Investitionshürden für den 5G-Ausbau darstellen. Damit torpediere das TKG 2020 die Ausbau- und Konnektivitätsziele der Bundesregierung, wie die drei CEOs heute feststellten.

So werden die Leitungsnutzungsrechte und Richtsätze für Sendestandorte im öffentlichen Eigentum entgegen der 5G-Strategie wieder erschwert und verteuert, statt wie geplant erleichtert und vergünstigt. Überdies sehen sich die Mobilfunkunternehmen mit einer Erhöhung der Haftung bei gleichzeitigen Verschlechterungen bei Mitbenutzungs- und Zutrittsrechten im Netzausbau konfrontiert, was sowohl Kosten als auch Rechtsrisiko für die investierenden Betreiber gravierend erhöht. Bei der Beurteilung von Hochrisikolieferanten wurde ein falscher Zugang gewählt, bei den Endnutzerrechten folgt der Gesetzesentwurf nicht der europarechtlich intendierten Harmonisierung und setzt stattdessen auf veraltete Bestimmungen. Zusätzlich finden sich im Entwurf zahlreiche zusätzliche Aufgaben im öffentlichen Interesse, für deren Kosten jedoch die Mobilfunkunternehmen aufkommen sollen.

Nicht alleine

Die CEOs stehen mit ihrer Kritik nicht alleine da, wie man an zahlreichen kritischen parlamentarischen Stellungnahmen zum Gesetz sieht. Schließlich hat ein schlecht abgefasstes Gesetz weitreichende Folgen für den digitalen Wirtschaftsstandort – viele Betriebe sehen mit diesen Rahmenbedingungen ihre künftige digitale und damit wirtschaftliche Grundlage gefährdet. Die Vertreter der Betreiber appellieren deswegen an die Regierung, die schwerwiegenden negativen Konsequenzen für die künftige Wettbewerbsfähigkeit Österreichs ernst zu nehmen und bei der Abwägung der schwierigen Interessenslage, eine neutrale, evidenzbasierte Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen.

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Kommentare (1)

  1. „Cellnex Telecom kaufte die CK Hutchison Networks Austria GmbH um 1,1 Mrd. Euro“

    Während Hutchison durchschnittlich 246.000 Euro für jeden Sendemasten erhalten hat sollen die Vermieter
    von Senderstandorten die im öffentlichen Eigentum stehen mit einer relativ bescheidenen Einmalzahlung abgespeist werden. mfg

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