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Donnerstag, 28. März 2024
Richtungsweisendes Urteil beim selektiven Vertrieb

„Weihnachtsgeschenk” des EuGH für Markenhersteller und Franchise-Systeme

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 15.01.2018 | |  Archiv
Rechtsanwältin Dr. Nina Ollinger, LL.M. ist spezialisiert auf Franchise-, Vertriebs- und Kartellrecht. Mit ihrer Rechtsanwaltskanzlei in Purkersdorf, Klosterneuburg und Gablitz berät und vertritt sie vornehmlich Handels- und Dienstleistungsunternehmen sowie Franchise-Systeme. Sie ist Autorin, u.a. von „Der Franchisevertrag“ und „Oniine versus Stationär“, gemeinsam mit dem Unternehmensberater Dr. Thomas Ollinger. Rechtsanwältin Dr. Nina Ollinger, LL.M. ist spezialisiert auf Franchise-, Vertriebs- und Kartellrecht. Mit ihrer Rechtsanwaltskanzlei in Purkersdorf, Klosterneuburg und Gablitz berät und vertritt sie vornehmlich Handels- und Dienstleistungsunternehmen sowie Franchise-Systeme. Sie ist Autorin, u.a. von „Der Franchisevertrag“ und „Oniine versus Stationär“, gemeinsam mit dem Unternehmensberater Dr. Thomas Ollinger.

Der EuGH hat am 6.12.2017 Stellung zu einem Verfahren bezogen, das seit einigen Jahren unter Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in Deutschland geführt wird. Dabei hat er richtungsweisende Aussagen zur Beschränkung des Internetvertriebs getroffen, wodurch er diese stärkt und das Luxusimage einer Marke unter gewissen Gesichtspunkten als Argument für die Einschränkung des Internetvertriebs anerkennt.

Der EuGH traf insbesondere zwei konkrete Aussagen:

  1. Im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems dürfen Vorgaben zum Internetvertrieb zum Schutz des Luxusimages einer Marke getroffen werden
  2. Drittplattformverbote zum Schutz des Luxusimages sind möglich

Ad 1. – Vorgaben beim Internetvertrieb zum Schutz des Luxusimages einer Marke in selektiven Vertriebssystemen

Im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems – sei es durch einen Markenhersteller oder ein Franchise-System – ist es, nach langjähriger Rechtsprechung des EuGH, zulässig, diverse Vorgaben zu machen, wie ein Wiederverkäufer die Ware absetzen darf. Ein selektives Vertriebssystem ist nach Rechtsprechung des EuGH unproblematisch, wenn:

  • die Auswahl der Wiederverkäufer anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgt,Kriterien einheitlich für alle Wiederverkäufer festgelegt werden und diese ohne Diskriminierung angewendet werden,
  • das selektive Vertriebssystem aufgrund der Eigenschaften des Erzeugnisses zur Wahrung der Qualität und der Gewährleistung des richtigen Gebrauchs erforderlich ist und
  • die festgelegten Kriterien nicht über das erforderliche Maß hinausgehen.

Der EuGH hat vor einigen Jahren in einer richtungsweisenden Entscheidung festgehalten, dass der Schutz des Prestigecharakters kein legitimes Ziel für ein komplettes Internetverbot sei. Davon haben viele Gerichte und auch das deutsche Bundeskartellamt abgeleitet, dass das Luxusimage einer Marke grundsätzlich aus kartellrechtlicher Sicht nicht als Argument herangezogen werden kann. Dem hat der EuGH in seiner aktuellen Entscheidung eine Abfuhr erteilt. Er sprach aus, dass der Luxuscharakter eines Produktes ein legitimes Bedürfnis für ein selektives Vertriebssystem darstellen kann.

Aufgebaut darauf hat der EuGH eine wesentliche zweite Aussage getroffen:

Ad 2. – Verbot von Drittplattformen zum Schutz des Luxusimages

Als Drittplattform sind Online-Anbieter zu verstehen, wie zum Beispiel Amazon Marketplace oder eBay, die – für den Kunden erkennbar – keine vom betroffenen Vertriebs- oder Franchise-Partner selbstbetriebenen Online-Shops sind. Diese sind aus nachvollziehbaren Gründen Markenherstellern bzw. Franchise-Systemen oft ein Dorn im Auge. Die bisherige Auffassung diverser deutscher Gerichte und des Bundeskartellamts war, dass kleinere Händler durch ein Drittplattformverbot vom Verkauf an eine gewisse Kundengruppe, nämlich Besucher von Drittplattformen, ausgeschlossen werden und dieses daher unzulässig sei. Die Europäische Kommission hat schon im Vorfeld argumentiert, dass es sich beim Drittplattformverbot nicht um das Verbot des Verkaufs an diese Kunden handelt, sondern lediglich das „Wie“ des Verkaufs an diese Kunden geregelt wird.

Im Wesentlichen folgte der EuGH der bisherigen Auffassung der Europäischen Kommission: Die Kunden von Drittplattformen sind keine abgrenzbare Untergruppe im Sinne des Kartellrechts, wie zum Beispiel alle potenziellen Käufer in einer Stadt oder Region. Dadurch besteht keine Kartellrechtswidrigkeit eines Drittplattformverbots; dieses kann daher zulässigerweise verhängt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass im konkreten Fall die Händler berechtigt waren, die Ware über einen eigenen Online-Shop zu verkaufen und auch im Internet Werbung zu betreiben, um Kunden zu ihren eigenen Onlineshops zu führen.

Wie die auf auf Franchise-, Vertriebs- und Kartellrecht spezialisierte Rechtsanwältin Dr. Nina Ollinger, LL.M. erklärt, ist eine Entscheidung im Vertriebsrecht und Kartellrecht immer eine Einzelfallentscheidung. Ausschlaggebend sind sämtliche Kriterien, unter denen gewisse Verbote erteilt werden. Das sollte bei Fragen des Internet Vertriebs niemals außer Acht gelassen und entsprechende Beratung immer zugezogen werden. „Einmal mehr zeigt sich die Wichtigkeit vor allem des Kartellrechts hinsichtlich der Ausgestaltung von Vertriebskanälen seitens der Markenartikelproduzenten oder Franchise-Systemen“, unterstreicht Ollinger. Wichtig ist vor allem, immer am aktuellen Stand der Rechtslage zu sein, da auch in diesem Bereich die heutige Entwicklungsgeschwindigkeit, welche vor allem die Digitalisierung mit sich gebracht, enorm ist. „Der regelmäßige Rat von Experten gewährleistet auch hier, sämtliche Möglichkeiten zu nutzen, ohne Gefahr zu laufen, sich bei einem Kartellverfahren rechtfertigen zu müssen oder eine Hausdurchsuchung zu erfahren“, so die Rechtsexpertin.

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