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Hot!Neuer und alter BIM über Errungenschaften und aktuelle Herausforderungen

Gerald Prinz und Joe Witke im Gespräch

Hintergrund E-Technik | Wolfgang Schalko | 07.07.2017 | Bilder | |  Archiv
Gerald Prinz ist seit dem Frühjahr Bundesinnungsmeister und sieht die Zukunft der Berufsgruppe durchaus positiv. Gerald Prinz ist seit dem Frühjahr Bundesinnungsmeister und sieht die Zukunft der Berufsgruppe durchaus positiv.

Im Frühjahr hat Tirols Landesinnungsmeister Gerald Prinz planmäßig die Agenden als Bundesinnungsmeister von Joe Witke übernommen. E&W traf die beiden zum Interview, um einen Blick zurück – auf die zahlreichen Errungenschaften der letzten Jahre – und natürlich nach vorne zu werfen – etwa, wie es im Clinch mit dem Bundesverband PV Austria weitergeht.

E&W: Was gibt es zum PVA-Austritt zu sagen?
Prinz: Da hat es einfach einen Bruch mit dem Herrn Präsidenten gegeben, aber wir haben ja die Tür nicht zugehaut
E&W: Er auch nicht…
Witke: Aber wir können so nicht arbeiten – Kronberger vertritt zu 90% die Industrie. Im i-Magazin sind alle Gründe aufgeführt (Anm.: siehe dazu auch Coverstory E&W 6/2017). Wir haben uns bemüht, das nicht gehässig zu formulieren – denn wir sind auch nicht gehässig, aber ich habe zweieinhalb Jahre versucht aufzuzeigen, dass es so nicht gehen kann. Ich bin verantwortlich für die Sicherheit meiner Kumpels draußen. Natürlich ist PV gut, sind Speicher gut – aber es muss Rechtssicherheit bestehen. Wenn man die Industrie ungezügelt boomen lässt, werden die Produkte in den Markt gedrückt – und die E-Techniker stehen draußen und haben den Schwarzen Peter. Wir haben in der Vergangenheit vieles ausgemerzt, aber jetzt bei den Speichern habe ich klar gestellt, dass das Fass voll ist: Entweder werden wir angehört oder wir arbeiten nicht mehr mit. Wir hätten zwar mitarbeiten dürfen und einen zweiten Platz im Vorstand bekommen, aber nicht den Mann, den wir drin haben wollten.
E&W: Dem Vernehmen nach war das Gottfried Rotter…
Witke: Ja, vor dem haben sie Angst. Denn jeder, der den Gottfried kennt, weiß, wie er reagiert – ich bin ein Konsensmensch, er fährt mit dem Kopf durch die Wand . Und das hätte er auch beim PVA gemacht. Wenn ich den Gerald Prinz geschickt hätte, wärs genau das gleiche gewesen.
E&W: Aber der Streitpunkt war ja offenbar das Bestehen auf Gottfried Rotter. Jeden anderen hätte der PVA angeblich akzeptiert, oder ist das nicht richtig?
Witke: Zunächst wollte Kronberger, dass ich im Vorstand bleibe – das hatte ich zugesagt unter der Prämisse, dass wir uns einig werden. Aber irgendwann haben wir Wege nicht mehr gemeinsam beschritten, denn er ist jedes Ministerium alleine angegangen – und hat auf unsere Termine keine Rücksicht genommen. Dh wir wussten gar nicht, was er da tut, und haben zB Termine erst zwei Tage vor deren Stattfinden erhalten. Wer den Terminkalender eines Innungsmeisters kennt, weiß, dass der zwei Tage vorher nicht einmal zum Sterben Zeit hat… Ergo haben wir an keinem einzigen Ministeriumstermin mehr teilgenommen, obwohl ich ganz genau weiß, dass man Termine dort nur mit sechs Wochen Vorausfrist bekommt. Außerdem forderten wir die paritätische Besetzung des Vorstandes gefordert – mit 6 Vorständen, seinem Vorsitz und meinetwegen mir. Das wurde abgelehnt und damit sind wir ausgetreten.
Prinz: Es kann einfach nicht sein, dass wir Sachen montieren bzw installieren und dafür den Kopf hinalten sollen, während die andere Seite nicht gesprächsbereit ist, gemeinsam eine Lösung zu finden. Die Termine, die wir im letzten Jahr mit der PVA hatten, waren leider umsonst, da war schade um die Zeit. Das Problem stellt hier der Herr Präsident dar – der muss einmal umschwenken, denn die Zeiten haben sich geändert. Mit einem Partner geht man auch anders um: Ständig eine Seite auszunutzen und im Gegenzug nicht zusammenzuarbeiten, das funktioniert nirgends so.
Witke: Kronberger hat unbestritten sehr viel getan und auch sehr viel bewirkt – aber immer nur: Förderung, Höhe der Förderung, Einreichprozedur. Themenfelder, wo außer den ganz großen unsere Betriebe die Problematik gar nicht mitbekommen haben. Wir haben bis dato immer nur jene Aspekte behandelt, die tatsächlich unsere Mitglieder betreffen, und in diesem Zusammenhang noch nie gegen den PVA gearbeitet – in Zukunft könnte das aber passieren.
Prinz: Wenns wirklich heiß hergeht, dann können wir zwei – der Joe und ich – das Thema Photovoltaik mit der Innung sehr wohl bewältigen. So wie schon einmal, denn der PVA kommt ja von uns – also werden wir das auch noch einmal zustande bringen. Eines muss dem Herrn Präsidenten aber klar sein: Wenn wir beide das innungsmäßig anfangen, dann kann er in Pension gehen. Ich wette, die Industrie stellt sich auf die Seite, von der die Anlagen und Komponenten verbaut und verkauft werden – und das sind nun einmal die E-Techniker mit ihren zig tausenden Betrieben und nicht der PV Austria. Und das Verhandeln bei den Ministerien, so wie Kronberger es tut, können wir schon lange. Daher würde ich ihm raten, wieder zur Vernunft zu kommen.
Wir sind gutmütige Menschen und wollen keinen Streit, aber wir wollen auch nicht übergangen werden – und wir sind in den letzten Monaten permanent übergangen worden. Wir sagen ja nicht, dass Kronberger nichts getan hat, aber so sind wir nicht gewillt weiterzuarbeiten. Wie gesagt, wir haben die Tür auch nicht zugeschlagen, aber ich glaube, dass jetzt einmal die Gegenseite am Zug ist.

Gleich nachfolgend erwartet Sie ein ausführlicher Rückblick auf die „Ära Witke”. Was die beiden zu anderen aktuellen Herausforderungen wie zB E-Mobilität zu sagen haben, wie es mit der Innungsarbeit weitergehen soll und warum die Berufsgruppe zwangsläufig besseren Zeiten entgegenblickt, lesen Sie in der E&W 7-8/2017.

Eindrucksvolle Bilanz

Joe Witke hat in seinen aktiven Innungsjahren enorm viel für die Elektrotechniker erreicht. Als wichtigste Errungenschaften nennt er:

  • Pflichtüberprüfung bei Wohnungswechsel: Laut Mietrechtsgesetz und Elektrotechnikverordnung muss nun bei Mieterwechsel ein E-Befund geliefert und mind. ein 30 mA-AFI eingebaut werden, falls keiner vorhanden ist. Erst mit diesem Befund ist der Mietvertrag gültig – ein Quantensprung, denn somit ist zum Zeitpunkt der Übergabe die Wohnung elektrotechnisch gesehen in Ordnung.
  • Elektroschutzverordnung und 30 mA-AFI: Die Elektroschutzverordnung gilt für jeden Betrieb und der Gewerbeinspektor verlangt einen entsprechenden Befund, denn für schutzgeerdete Geräte ist entweder eine jährliche Überprüfung oder ein 30 mA-FI notwendig. Nach zwei katastrophalen Entwürfen wurde die Elektroschutzverordnung von der Elektroinnung, gemeinsam mit den Beamten, kurz vor dem Beschluss praktisch völlig neu geschrieben, denn die darin enthaltenen Dinge hätten das Arbeiten auf der Baustelle unmöglich gemacht.
  • Rauchwarnmelderpflicht: Hier waren wir über viele Jahre sehr aktiv und mittlerweile sind sie in ganz Österreich Vorschrift.
  • E-Heizung: Hier sind wir noch nicht ganz, aber fast am Ziel. Wir kämpfen noch mit einem „CO2-Problem“, weil die bestehenden Verordnungen vom Europamix ausgehen, obwohl wir in Österreich nachweislich fast 95% erneuerbare Energie haben, manche Bundesländer sogar 100%. Allerdings wird der Lieferant nicht anerkannt, weshalb wir mit der E-Heizung momentan schlechter dastehen als ein Kachelofen. Dass selbst von der eigenen PV-Anlage – anders als beim Elektroauto – für die E-Heizung nur 25% angerechnet werden, ist einfach eine bestehende Ungerechtigkeit. Aber das ist alles im Werden.
  • Arbeiten unter Spannung: Es wurden jahrelang in ganz Österreich Kurse für das Arbeiten unter Spannung durchgeführt, ehe wir diese aufgrund eines tragischen Falles eingestellt haben. Wir stellten fest, dass trotz abgeschlossener Ausbildung eigentlich kein E-Techniker unter Spannung arbeiten durfte, denn es war nirgends beschrieben, wie der dafür notwendige Kurs aussehen muss. Also schufen wir, um Rechtssicherheit herzustellen, eine entsprechende Norm, in der sämtliche Inhalte des Kurses samt zeitlichem Ausmaß beschrieben sind.
    In diesem Zuge bauten wir gleichzeitig ein Schulungszentrum auf und ein zusätzliches ist gerade auch in Tirol am Entstehen, damit die E-Techniker nicht mehr durch ganz Österreich fahren müssen.
  • Privatisierung der e-Marke: Die e-Marke war zunächst ein richtiger „Kammerverein“, jedoch hat es die Kammer (=Bundesinnung) nicht wirklich geschafft, diese zu irgendwelchen Aktivitäten zu bewegen. Deshalb kam die Idee auf, die e-Marke doch in die EDS zu integrieren. Die EDS ist eine GesmbH, an der jede Landesinnung Anteile hat. Damit befindet sich die e-Marke zwar weiterhin in Innungshänden, aber nicht mehr in jenen der Bundesinnung – daher kann sie unternehmerisch geführt werden wie eine Privatfirma. Seitdem geht’s auch bergauf – wir haben unsere Ziele erreicht und sind ständig am wachsen. Das Ziel der e-Marke heißt 400-500 Mitgliedsbetriebe und wir sind derzeit knapp an der 400er-Grenze. Wenn es zuviele werden, machen sich die Betriebe gegenseitig Konkurrenz, was auch nicht ganz sinnvoll ist. Ab 300 Mitgliedern waren wir in ganz Österreich in erreichbarer Nähe für den Konsumenten und der wichtigste Schritt damit getan. Aufgrund der Zugriffe über die modernen Medien würde ich sagen, dass wir eine gewisse Akzeptanz beim Konsumenten erreicht haben – sonst würde auch die Industrie nicht mitspielen. Außerdem fahren wir momentan mit dem Energieautonomen Haus durch ganz Österreich. Das steht jedes Wochenende bei einem anderen E-Techniker und ebenso bei fast allen Messen, bei denen die Innungen vertreten sind. Auf die gemeinsame Werbeschiene springen ebenfalls immer mehr Innungen auf – ich hatte es mir zwar vorgenommen, aber es ist mir bis zu meinem Ausscheiden nicht gelungen, alle Bundesländer auf dem Gleis stehen zu haben. Doch ich denke, Gerald Prinz wird das schon schaffen.
  • Aufzeigen der Speicherproblematik: Diesbezüglich haben wir seit gut 9 Monaten, wenn nicht einem Jahr, versucht mit der Industrie eine Lösung zu finden – und auf der anderen Seite mit den zuständigen Magistraten und Behörden aus Wien. Unseren ersten Entwurf hat die Industrie, die nicht einmal zum Gesprächstermin erschienen ist, verteufelt. Jetzt, nach einem dreiviertel Jahr, ist das verteufelte Papier von den Magistraten in viel ungünstigerer Ausführung wieder da – sodass wohl 2/3 aller Lieferanten die Auflagen nicht einhalten können. Wir bemühen uns jetzt noch, einen letzten Termin zu koordinieren – und wenn der nicht stattfindet, dann entwerfen wir mit den Behörden ein Papier mit Vorgaben, die wahrscheinlich überhaupt nur zwei Lieferanten einhalten können. Der Rest wird dann eben einen Brandabschnitt machen müssen, um die Speicher aufstellen zu dürfen.
  • R11: Diese war notwendig, weil für die Errichtung von PV-Anlagen zum Zeitpunkt des einsetzenden Boom ja keinerlei Regelwerk vorhanden war. Das ist zB eines jener Dinge, die ich jahrelang ausgebügelt habe.
  • PV-Insel- und -Netzparallelbetrieb: Es hat zwar ein Jahr Normenarbeit und intensive Verhandlungen gebraucht, um das durchzubringen, aber schlussendlich konnten wir diese Problematik aus dem Weg räumen.
  • Faire Vergabe: Die kleine Verordnung ist unter Dach und Fach und wenn wir Glück haben wird die große Vergabe-Verordnung in den kommenden Wochen beschlossen.
  • Kampf gegen eine schlechte Gewerbeordnung: Da sind wir voll dabei – man kann zwar noch nicht sagen, was rauskommen wird, aber wir bereiten auf jeden Fall eine große Kampagne mit Beteiligung zahlreicher Bundesinnungen vor.
  • Aufheben des Sonn- u. Feiertagsfahrverbotes für die Beleuchter & Beschaller
  • Viele KV-Verhandlungen & Schulterschluss mit der Gewerkschaft: Wir haben hier viel gemacht und einen guten Konsens mit den Sozialpartnern aufgebaut, sodass die KV-Verhandlungen in den letzten Jahren für beide Seiten zufriedenstellend über die Bühne gegangen sind.
  • Retten der EDS: Rund vier Jahre vor meinem Eintritt ins intensive Innungsgeschehen – ich war noch Wiener Landesinnungsmeister – hätte die EDS auf Betreiben des Salzburger LIM zum Symbolpreis von 1 Euro an Schäcke verkauft werden sollen. Mir ist es damals gelungen, das zu verhindern. Und was aus der EDS geworden ist, dürfte hinlänglich bekannt sein – dh die Entscheidung war richtig. In der aktuellen Konstellation hinsichtlich Schulungen, dem gemeinsamen Agieren mit dem KFE, Werbeaktivitäten, Leistungsbücher etc ist das einfach eine optimale Kombination mit den Innungen.
  • Weiterbestehen der Leistungsbücher: Wir sind hier soweit gegangen, die Leistungsbücher für das Ministerium kostenlos zu erstellen. Früher erhielten wir dafür Geld, mittlerweile gibt’s kein Budget mehr. Ehe wir jedoch auf die Leistungsbücher verzichten, erarbeiten wir sie kostenlos – im Sinne unserer Mitglieder.
  • Lehrlingsausbildung: Die ist auf einem guten Weg und wir sind gerade dabei, die neue Lehrlings-App mit Inhalten zu füllen. In Zukunft werden unsere Lehrlinge österreichweit eine App runterladen können, mit der sie sich gegenseitig oder alleine mit der Technik matchen können und mit der sie für die Lehrabschlussprüfung lernen können.
  • Österreichweite Pressetext-Aktionen über alle Medien: Diese sind eigentlich gelungen und die unentgeltliche Werbung sowie die mediale Präsenz haut im Grunde hin – kann aber natürlich noch besser werden.
  • Gute Zusammenarbeit mit Industrie, Großhandel und Behörden sowie steigende Schulungstätigkeiten: Insbesondere die steigenden Schulungstätigkeiten sind klar, weil wir vor einem dreiviertel Jahr geschafft haben, die Konkurrenz zwischen EDS und e-Marke auf der einen sowie dem KFE auf der anderen Seite aus dem Weg zu räumen – die arbeiten seither brüderlich zusammen. Dafür mussten einfach ein paar Dinge aus der Welt geschafft werden, aber auch das ist mir noch gelungen, bevor ich gegangen bin.
  • Umstieg vom Elektrojournal zum i-Magazin und Konsolidierung des Bundesinnungsbudgets: Die Bundesinnung hat jahrzehntelang aus den Reserven gelebt, was aber nicht mehr lange gegangen wäre, weil die Rücklagen auf null waren. Seitdem ich verantwortlich war, konnten wir das Budget wieder auf ein leichtes Plus drehen – wir haben umgestellt und Aktivitäten wesentlich ausgeweitet, sodass auch ein bisschen Geld aus den Bundesländern dazubekommen haben. Wir wollen keine Millionen horten, aber ein Polster in der Größenordnung von 100.000 Euro sollte man schon haben, um im Fall der Fälle auch kurzfristig ein paar tausend Euro einsetzen zu können.
Bilder
Joe Witke kann auf zahlreiche Errungenschaften für die Elektrotechnik zurückblicken, an denen er federführend beteiligt war.
Joe Witke kann auf zahlreiche Errungenschaften für die Elektrotechnik zurückblicken, an denen er federführend beteiligt war.
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