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Donnerstag, 28. März 2024
Der lange Weg zum Digitalradio

Bergetappe statt Zielsprint

Wolfgang Schalko | 04.12.2018 | |  Meinung

Wolfgang Schalko
Das Land ist gespalten. Diese Aussage bezieht sich ausdrücklich nicht auf Politik, wenngleich doch auf ein (medien-)politisches Thema: Bremser stehen Gasgebern gegenüber, Zuschauer den Machern, Hintennacheilende den Vornewegpreschenden – wenn es um die Einführung von Digitalradio (im Standard DAB+) in Östereich geht.

Basierend auf einer neuerlichen Bedarfsanalyse, deren – durchaus kritische – Ergebisse Ende Juni in den Räumlichkeiten der RTR präsentiert wurden, hat die zuständige Medienbehörde KommAustria ihren Entschluss verkündet, Anfang 2017 eine Ausschreibung für DAB+ durchzuführen. Angesichts mancher Detailergebnisse der Studie verwunderte es auch nicht, dass KommAustria-Leiter Michael Ogris die Behörde als „Enabler“, keineswegs jedoch als „Garant für den Erfolg“ von Digitalradio bezeichnete.

Studienleiter Bertold Heil hatte in seinem Bericht, der den Titel „Einführung von Digitalradio in Österreich“ trägt und auf der Internetseite der RTR heruntergeladen werden kann, einige Aspekte herausgearbeitet, die zwei Dinge nahe legen: Die Einführung von Digitalradio wird weder schnell von statten gehen, noch wird sie leicht. Das liegt zunächst schon daran, dass es für die Digitalisierung des terrestrischen Hörfunks – anders als beispielsweise bei der Digitalisierung des terrestrischen Rundfunks (DVB-T), die konsequent und vergleichsweise rasch durchgezogen wurde – kein detailliertes Umstiegsszenario samt Zeitplan und Abschalttermin des analoge Signals gibt. Dass ein festgesetzter Termin für die Analogabschaltung der Digitalisierung zu einem enormen Schub verhilft, klingt nicht nur logisch, sondern ist laut Heil auch anhand etlicher internationaler Beispiele belegt. Eine entscheidende Rolle kommt auch den Geräteherstellern und dem Handel zu – denen sich durch DAB+ zugleich ein nicht zu unterschätzendes Absatzpotenzial eröffnet. Mehr als 400.000 DAB+ Empfänger wurden in den letzten Jahren bereits verkauft, womit derzeit in etwa jeder zehnte der knapp vier Millionen österreichsichen Haushalte für die digitale Hörfunk-Ära gerüstet ist. Was die völlige Durchdringung betrifft, skizzierte Heil zwei interessante Szenarien: Würden ab sofort nur noch DAB+ Radios verkauft werden, so würde es etwa 10 Jahre dauern, bis in jedem Haushalt zumindest ein solches Gerät steht. Ist allerdings nur jedes zweite verkaufte Radio DAB+ tauglich, dann verlängert sich diese Zeitspanne auf 22 Jahre. Wir hätten dann das Jahr 2038 (!!). Wenn der Handel also etwas bewegen will, dann muss er sich auch selbst bewegen: Unentschlossenheit und „Wurschtigkeitsattitüden“ sind ganz offensichtlich unangebracht.

So oder so: Ein Spaziergang wird die Einführung von Digitalradio definitiv nicht. Aber wenn sich alle Beteiligten dazu durchringen könnten, sich in der Sache auf ein gemeinsames, konstruktives Vorgehen zu einigen, dann würde es auf jeden Fall nicht unnötig schwer werden – und am Ende wohl auch für jeden etwas dabei herausschauen.

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