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Digitalisierungsschnellzug: Umsteigen zu neuen Chancen

E-Technik | Karl Pichler | 18.10.2017 | |  Archiv
Für FH-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Herbert Jodlbauer sind Aspekte der Digitalisierung in einem gesamteuropäischen bzw. globalen Rahmen zu sehen.	
Für FH-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Herbert Jodlbauer sind Aspekte der Digitalisierung in einem gesamteuropäischen bzw. globalen Rahmen zu sehen.

Die Digitalisierung ist längst keine Zukunftsmusik mehr – sie ist mittlerweile in vielen Bereichen zur gelebten Realität geworden. Doch wie reagiert Österreichs produzierende Industrie auf die Herausforderungen der digitalen Welt? Was macht sie fit für einen Zukunftsmarkt, der von neuen Denkweisen geprägt sein wird? Oder verpassen die heimischen Unternehmen den Digitalisierungsschnellzug?

Eine Frage, die berechtigt erscheint, denn eine aktuelle Studie des End-to-End-IT-Dienstleisters DXC Technology unter 100 Österreichischen Industriemanagern bringt interessante Daten an den Tag: So sieht lediglich die Hälfte der Befragten in der digitalen Revolution eine Chance, ihre Wettbewerbssituation zu verbessern. Und überhaupt nur jeder Vierte misst Industrie 4.0 eine wichtige strategische Bedeutung bei. In diesem Zusammenhang wird diese bei mehr als der Hälfte aller befragen Industriemanager als Mittel zum Zweck genannt, die Kosten zu senken bzw. die Fertigungsqualität zu verbessern. Die Vernetzung über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus ist hingegen kaum ein Thema. Die Wichtigkeit der Digitalisierung ist den Führungskräften jedoch durchaus bewusst.

Für Herbert Jodlbauer, Studiengangsleiter Produktion und Management und Operations Management an der FH Oberösterreich in Steyr, stellt sich indes nicht die Frage, ob Österreichs produzierende Industrie den Anschluss in Sachen Digitalisierung verpasst. Vielmehr stellt er diese Problematik in einen gesamteuropäischen Kontext. Denn bei Österreichs Unternehmen passiere im Schnitt dasselbe wie in anderen europäischen Ländern. „Viel wichtiger ist die Frage, wie sich Europa im Vergleich zu den asiatischen und amerikanischen Unternehmen schlägt„, erklärt Jodlbauer. So hinke Europa hinsichtlich der Kundenorientierung den USA hinterher. Bei den Themen Digitalisierung, IT und künstliche Intelligenz gewinne Asien gemessen an Europa immer stärker an Fahrt. Unternehmen dieses Kulturkreises verstünden es auch ausgezeichnet, diesen Vorsprung technologisch zu verwerten.

Hauptumsatzträger Dienstleistung

„In Europa besteht die Gefahr, dass sich die Industrie auf den Lorbeeren ihrer Erfolge im Maschinen- und Anlagenbau ausruht“, führt Jodlbauer als einen der Hauptgründe an, weshalb die weltweite Digitalisierungsschere derzeit weiter aufgeht. „Europa ist nach wie vor hardwareverankert, es fehlt an Dienstleistungsorientierung.“ Um das zu erkennen, müsse man sich nur die derzeit erfolgreichsten börsennotierten Unternehmen ansehen: Hier finden sich keine reinen Hardware-Produzenten. Jodlbauer: „Der Hauptumsatzträger der Zukunft wird die Dienstleistung sein, auch wenn man Maschinen natürlich weiter benötigen wird.“ Um dies zu erreichen, werden zum Beispiel in Asien von staatlicher Seite Unsummen in die Digitalisierung investiert. In Europa seien diese Beträge dagegen verschwindend gering (da darf sich Österreich wohl dazu zählen – Anm. d. Red.).

Zu beachten seien jedoch auch große kulturelle Unterschiede. „In Europa gelangt nichts auf den Markt, was nicht 100-prozentig im Labor ausgetestet wurde. Die Philosophie, am Markt zu lernen und zu entwickeln, ist hier nicht verankert.“ Und speziell der deutschsprachige Raum sei zu technikverliebt. Jodlbauer: „Produkte werden viel zu oft der Technik wegen entwickelt, dabei ist es manchmal auch gar nicht nötig, technologischer Innovationsführer zu sein.“ Viel wichtiger sei es, für den Kunden einen echten und greifbaren Mehrwert zu schaffen. Gewinnen werden letztendlich jene, so der Experte, die Kundenbedürfnisse wecken und diese befriedigen: „Unternehmen sollten sich damit auseinandersetzen, von einer reinen Produktentwicklung auf eine Geschäftsmodellentwicklung überzugehen.“

Digitalisierung weiterdenken

Mit der richtigen Kombination aus vorhandenen Stärken und den Vorteilen der neuen, digitalisierten Welt ließe sich dieser Weg nach Experteneinschätzung erfolgreich gehen. Denn gerade die Digitalisierung biete neue Möglichkeiten im Hinblick auf die Kundenorientierung. Bisher hätten, wie Jodlbauer ins Treffen führt, weder Industriemanagement noch Politik (bei uns derzeit ebenso ein beliebtes Nachwahlthema) dies in ausreichendem Maße erkannt. Die fast ausschließlich auf die Technologie ausgerichtete Förderlandschaft trage das Ihre dazu bei. Bestätigen kann Jodlbauer auch, dass viele heimische Unternehmen Industrie 4.0 und Digitalisierung nur als Mittel zur Kostensenkung einsetzen. Verbindet man dies mit den oben genannten Überlegungen, wird schnell deutlich, dass dies zwar gut, aber keineswegs zu Ende gedacht ist. „Kostensenkung heute sichert keine Arbeitsplätze in zehn Jahren“, warnt der Experte. Die Digitalisierung müsse von A bis Z verstanden und für den Kunden eingesetzt werden, nicht nur fürs eigene Unternehmen.

Wie in vielen Lebensbereichen haben also auch beim Thema Digitalisierung die Schnellen die Nase vorn. Und die, die sich gut auf die neuen Herausforderungen einstellen können und alle greifbaren Kanäle zur Beschaffung der für sie nötigen Informationen nutzen. Wie zum Beispiel Fachmessen: Vom 15. bis 17. Mai 2018 findet in der Messe Wien die Smart Automation Austria (Fachmesse für industrielle Automatisierung) statt, erstmals ergänzt um die C4I – Connectivity for Industry als Plattform für die Digitalisierung der industriellen Wertschöpfungskette. Einen tiefen Einblick in die Produktion dazu gibt die parallel veranstaltete Intertool (Fachmesse für industrielle Fertigung), die ihre Tore einen Tag länger, vom 15. bis 18. Mai 2018, offen hält. Vom Duo zum Trio – noch ganz analog.

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