Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Donnerstag, 28. März 2024
56. Fachtagung der Österreichischen Gesellschaft für Energietechnik (OGE) im OVE

OVE zu den Chancen der #mission2030

E-Technik | Wolfgang Schalko | 19.10.2018 | |  Archiv
Bei einem Pressegespräch wurden zentrale Fragen und Aspekte rund um die #mission2030 schon vor Beginn der 56. Fachtagung der OGE erläutert. Bei einem Pressegespräch wurden zentrale Fragen und Aspekte rund um die #mission2030 schon vor Beginn der 56. Fachtagung der OGE erläutert.

Die Bedeutung der elektrischen Energie als universeller „Treibstoff“ wird für alle Sektoren und Bereiche des menschlichen Lebens – Strom, Verkehr, Wärme, Industrie – weiter steigen. Wie sind diese Herausforderungen einer nachhaltigen und CO2-freien Erzeugung, der effiziente Transport und die Speicherung von elektrischer Energie zu bewältigen? Welche Aufgaben bringt der Paradigmenwechsel durch die neuen Klima- und Energieziele für Fachexpert/innen und Nachwuchskräfte mit sich? Welcher Investitionsbedarf und – dem gegenübergestellt – welche Chancen ergeben sich dadurch für den Wirtschaftsstandort Österreich? Diese Fragen stehen im Fokus der diesjährigen Fachtagung der OGE Österreichische Gesellschaft für Energietechnik im OVE.

Unter dem Titel „#mission2030″ veröffentlichte die österreichische Bundesregierung im Frühsommer 2018 die Klima- und Energiestrategie. Wesentliches Ziel ist es, bis 2030 den nationalen Gesamtstromverbrauch zu 100% (national bilanziell) aus erneuerbaren Energieträgern zu decken sowie die Treibhausgasemissionen um rund 36% gegenüber 2005 zu reduzieren. Klimaschutz, die verstärkte Nutzung der erneuerbaren Energieträger und Dekarbonisierung sind unbestritten unter den wichtigsten Themen des 21. Jahrhunderts. Um diese angestrebten Ziele zu erreichen und dadurch der Klimaerwärmung mit ihren negativen ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen Einhalt zu gebieten, ist eine verstärkte Einbeziehung der elektrischen Energietechnik unumgänglich.

Technikfreundliches Umfeld und Zukunftsperspektiven für den Nachwuchs

„Klimaschutz, Ausbau der erneuerbaren Energieträger und Dekarbonisierung sind unbestritten unter den wichtigsten Themen des 21. Jahrhunderts. Die von der österreichischen Bundesregierung in ihrer Klima- und Energiestrategie #mission2030 veröffentlichten Ziele sind ambitioniert, aber unumgänglich. Diese angestrebten Ziele zu erreichen und dadurch der Klimaerwärmung mit ihren negativen ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen Einhalt zu gebieten, kann nur mit entsprechenden Innovationen in der Energiewirtschaft gelingen“, betont Kari Kapsch, Präsident des OVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, und er ergänzt: „Die elektrische Energietechnik wird dabei für alle Sektoren und Bereiche des menschlichen Lebens – sei es Stromversorgung, Verkehr, Wärme, Industrie – eine zentrale Rolle spielen. Wesentlich sind aber auch Innovationen aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik für die Energietechnik. Zunehmende Digitalisierung ist hier aufgrund der immer höheren Komplexität des Energiesystems erforderlich. Nicht zuletzt sind Maßnahmen in Hinblick auf verstärkte Energieeffizienz entscheidend, denn die günstigste Energie ist jedenfalls jene, die erst gar nicht verbraucht wird.“

Eine wesentliche Voraussetzung für technische Innovationen stellt für Kapsch, COO der Kapsch Group, entsprechendes ingenieurwissenschaftliches Know-how dar. Das erfordere gut ausgebildete Personen in unterschiedlichen Fachdisziplinen und vor allem in ausreichender Zahl. Daher sei eine bestmögliche Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses essentiell. „Entscheidend wird sein, ob es gelingt, hier die Rahmenbedingungen in der Ausbildung sowie in Forschung und Lehre so zu gestalten, dass die Ingenieurwissenschaften für die Jugend ein attraktives Betätigungsfeld darstellen. Und Unternehmen wie Forschungsinstitutionen sind gefordert, attraktive Arbeitsplätze zu schaffen, um die ,besten Köpfe‘ in unserem Land zu halten“, so Kapsch weiter. Sein Fazit: „Wenn es gelingt, ein technikfreundliches Umfeld in der Ausbildung, in der Forschung ebenso wie in der Wirtschaft zu gestalten, das Innovationen ermöglicht und dem ingenieurwissenschaftlichen Nachwuchs entsprechende Zukunftsperspektiven bietet, ergeben sich aus den in der Klima- und Energiestrategie formulierten Zielen weitreichende Chancen für den Wirtschaftsstandort Österreich.“

Der OVE trägt mit seinen Bereichen elektrotechnische Normung und Standardisierung, Zertifizierung und Prüfwesen sowie fachliche Aus- und Weiterbildung aktiv dazu bei, die Ziele von #mission2030 zu erreichen.

Energetische Verlagerung zum Stromsektor verlangt Speicher und Flexibilitätsoptionen

„Die Energiewende ist eine europäische Herausforderung, die alle Akteure – auf nationaler wie europäischer Ebene – gemeinsam bewältigen müssen. Die zukünftigen Szenarien der europäischen Elektrizitätswirtschaft sind bis 2030 (bzw. 2040) geprägt durch einen massiven Ausbau der Erneuerbaren Energieträger (EE). Dabei werden die EE-Anlagenleistungen massiv steigen, während die Erzeugung von Strom aus fossilen und CO2-intensiven Energieträgern abnimmt“, skizziert Herbert Popelka, Abteilungsleiter Assetmanagement des Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid, die aktuelle Situation. „Die aus EE erzeugten Strommengen müssen aber über die europäischen Übertragungs- und Verteilernetze transportiert und dazu deren Leistungsfähigkeit gesteigert werden. Die vermehrte energetische Verlagerung hin zum Stromsektor bedarf neben einem steigenden Speicherbedarf auch zunehmend Flexibilitätsoptionen. Eine sichere und stabile Stromversorgung ist auch zukünftig die Grundlage des Wirtschafts- und Lebensstandorts Österreich. Technologische Innovation ist deswegen ein Schlüsselthema und im Fokus der diesjährigen OGE-Fachtagung“, erläutert der Vorsitzende der OGE Österreichische Gesellschaft für Energietechnik im OVE.

Ähnlich äußert sich dazu Karl Gruber, Geschäftsführer von Wien Energie: „Die Energiebranche verändert sich rasant. Dezentralisierung, Dekarbonisierung und Digitalisierung stellen die Energiedienstleister vor große Herausforderungen. Wien Energie investiert in den nächsten fünf Jahren 870 Millionen Euro in Versorgungssicherheit und neue Energielösungen und setzt einen Fokus auf Innovation und den Ausbau der Photovoltaik.“

Bestehende Arbeitsplätze in Österreich sichern

„Die für die Umsetzung des ehrgeizigen Projektes #mission2030 notwendigen Innovationen und Investitionen müssen einen signifikanten Impuls für Arbeitsplätze in Österreich bringen. Mit der im Strategiepapier festgeschriebenen Positionierung Österreichs als ,Energie-Innovationsland‘ gibt es auch das politische Bekenntnis dazu. Damit das #mission2030-Papier jedoch nicht eine Marketingbroschüre der Politik bleibt, sind nun zügig ein Realisierungsfahrplan und abgestimmte, praktikable Rahmenbedingungen für alle Stakeholder zu schaffen“, fordert Erwin Raffeiner, Geschäftsführer Sprecher Automation mit Sitz in Linz, und benennt diese im Folgenden mit: breitem Bewusstsein und Zustimmung aller Stakeholder zur kritischen Infrastruktur der elektrischen Energietechnik; der Attraktivierung der Energiebranche als Arbeitsgeber für junge Menschen und eine höhere Technik-Fokussierung in unserem Bildungssystem sowie zielgerichtete, wirksame Förderungen mit nachhaltigem Effekt in Österreich. Weitere Maßnahmen sind, laut Raffeiner, dafür zur sorgen, dass das spezifische Know-how in der elektrischen Energietechnik nicht durch Produktionsverlagerungen in Billiglohnländer oder Outsourcing verloren geht, sondern vielmehr in unserem Land weiter aufgebaut wird.

Auch gilt es, mit intelligent aufgestellten Kooperationen aus Anwendern, Wissenschaft und Industrie innovative österreichische Produkte für den Heimmarkt und für internationale Märkte zu entwickeln und den Heimmarkt als Türöffner für die Exportmärkte zu nutzen sowie die Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer Österreich als Internationalisierungs-Promotor mit ins Boot zu nehmen. Wesentlich sieht er, dass bei öffentlichen Vergaben anstelle des derzeit praktizierten „versteckten Billigstbieterprinzips“ ein „echtes Bestbieterprinzip“ mit klar definierten Kriterien für die qualitative Bewertung gesetzlich zu verankern wäre, um den (noch) in Österreich produzierenden Unternehmen eine Chance zu eröffnen, gegenüber Importen aus Billiglohnländern konkurrenzfähiger zu werden und damit bestehende Arbeitsplätze in Österreich zu sichern und neue zu schaffen.

Die Energiewende kann nur europaweit gelingen

Christian Rehtanz, Vorsitzender der ETG Energietechnische Gesellschaft im VDE, fasst zusammen: „Die ganzheitlich gedachte und umgesetzte Energiewende in allen Sektoren benötigt noch vielfältige Innovationen in der Technik, aber auch seitens der Märkte und der Regulierung und Gesetzgebung. Gelingen kann die Umsetzung aber nur europaweit„, und weiters zum spezifischen Status in Europa: „Wir haben in Europa die weltweit einmalige Situation eines vernetzten Energiesystems mit harmonisierten technischen Betriebs- und Marktregeln. Auch wenn einzelne Länder unterschiedliche Umsetzungspfade für die Energiewende gehen, so sind doch verbindliche Ziele in der EU vereinbart. Die Kopplung der Netze und Märkte ermöglicht den Austausch von Energie und die gegenseitige Bereitstellung und Ausregelung von erneuerbaren Energien. Die österreichische Wasserkraft im Wechselspiel mit Wind- oder Solarenergie ist ein Beispiel, wie großräumig Potenziale einer zukünftigen Energieversorgung umgesetzt werden können.“

Bis zu einer CO2-Minderung von 80 oder mehr Prozent wären jedoch noch vielfältige technische Innovationen wie die Digitalisierung zur Steuerung von Lasten und Verbrauchern bzw. zur Umsetzung neuer Geschäftsmodelle oder auch die Steuerung von Leistungsflüssen zur optimalen Netzauslastung im gesamten europäischen System notwendig. Die Anpassung und Ausgestaltung der Märkte für flexible Lasten und Einspeiser wäre hier ein Beispiel im nichttechnischen Bereich.

„Durch mehr und mehr große staatlich oder durch die EU geförderte Verbundprojekte zwischen Wissenschaft und Industrie werden diese Innovationen schnell von der Idee bis zur Praxisanwendung umgesetzt. Die Wissenschaft liefert hierbei die wichtigen Impulse für die innovativen Lösungen“, so der Leiter des Instituts für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft der Technischen Universität Dortmund abschließend.

Alle Vertreter waren sich einig, dass durch die Bündelung aller relevanten Kräfte die #mission2030 nicht nur einen wesentlichen Beitrag für eine weitgehende Dekarbonisierung der Bereiche Strom, Verkehr, Wärme und Industrie leistet, sondern auch ein starkes Signal zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich darstellt.

Diesen Beitrag teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

An einen Freund senden