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Samstag, 20. April 2024
Ein Fall für die Gerichte?

Dirili, dirila, im Delirium

Hintergrund | Andreas Rockenbauer | 15.10.2017 | | 1  Archiv

Dass das heutige Thema derart gut zum Wahl-Tag passen würde, war von mir nicht geplant. Aber schaden kann das nicht. Vielleicht fühlen sich dadurch noch mehr Leser abgestoßen von dem unredlichen Unsinn, den manche Menschen absondern, und ganz nebenbei andere auch noch mit Dreck bewerfen. Aus den unterschiedlichsten – oft unredlichen – Motiven heraus. Und ja, auch abseits der Politik...

Vorab möchte ich betonen, dass ich kritische Auseinandersetzungen im Allgemeinen außerordentlich schätze. Unter einer Voraussetzung jedoch: Sie dürfen in der Art und Weise, wie sie ausgetragen werden, rudimentäres intellektuelles Niveau nicht unterschreiten.

Also: Ich bin bekennender Diskussions-Junkie und schätze es, mich mit Menschen sprachlich zu duellieren, die nicht nur Gehörtes oder Gelesenes kritiklos und stumpf wiederkäuen, sondern scharfsinnig, humorvoll und selbstironisch sind. Nehmen wir zum Beispiel meinen langjährigen Freund Hannes Kolb – einen Widerspruchsgeist, wie er im Buche steht.

Egal was ich behaupte, Hannes glaubt es zunächst einmal nicht, bietet mir sofort eine Gegenthese an, oder hinterfragt meine Behauptungen so lange, bis ich selbst nicht mehr sicher bin, ob ich richtig liege. Das klingt ziemlich nervig, kann aber großen Spaß machen.

Vor allem, wenn auf der anderen Seite des Tisches einer sitzt, mit dem man auf spannende Weise seinen Horizont erweitern kann, während ein paar kühle Biere Mund und Kehle befeuchten.

Mit einem wie Sepp Eisenriegler hingegen möchte ich nicht einmal russischen Tee trinken, geschweige denn eine Diskussion führen. Dabei bin ich meiner Profession wegen nicht heikel in der Wahl meiner Gesprächspartner. Ich habe jedoch ein Problem mit Menschen, die ihren Geltungsdrang, sowie geschäftliche (und politische) Interessen hinter dem Deckmäntelchen verstecken, bloß Retter der Armen und Entrechteten zu sein.

So gehts: Man wähle ein öffentlichkeitswirksames Thema, behaupte irgendeinen Schmarren, präsentiere ein paar Showeffekte ohne jede Substanz und flatuliere anschließend noch ein paar Frechheiten in Richtung einer diffusen Gruppe von Menschen, die aus juristischem Kalkül nicht einzeln identifizierbar angesprochen werden.

Bislang habe ich Eisenriegler bloß für einen nicht weiter zu beachtenden Selbstdarsteller gehalten, der sich immer wieder selbst im Netz seiner wirren Dogmatik fängt. Seit 29. August ist das anders. An diesem Tag bot die „Aktuell in Österreich”-Redaktion des ORF dem Experten von eigenen Gnaden eine reichweitenstarke Plattform, um unwidersprochen ganz unglaubliche, geschäftsschädigende und persönlich diffamierende Aussagen tätigen zu können und damit ganz klar eine rote Linie zu überschreiten.

Zunächst lamentierte Sepp Eisenriegler vor laufender Kamera über die Übel geplanter Obsoleszenz und hielt, ganz Showman, die Trommel einer Billig-Waschmaschine ins Bild, um zu demonstrieren, wie schlecht das Lager konstruiert sei. Dazu behauptete er, dass Waschmaschinen in der Kategorie bis 500 Euro mit Absicht so konstruiert seien, dass sie pro 100 Euro Verkaufspreis eine Lebenserwartung von bloß einem Jahr hätten, und der Moderator stellte fest: „Das ist Ihre langjährige Erfahrung.” 

Darauf antwortete Eisenriegler mit einer Aussage, deren Logik ich auch nach mehreren Denkanläufen nicht entschlüsseln konnte: „Das ist nicht nur langjährige Erfahrung, sondern der beste Beweis für geplante Obsoleszenz, den wir je zustande gebracht haben, nach dem Auffliegen des Glühbirnen-Kartells.”

Ich finde das nicht nur deshalb lustig, weil doch jedem Kind klar sein dürfte, dass allein schon durch die Einschränkungen im Design und in der Auswahl der Materialien billige Geräte üblicherweise eine deutlich kürzere Lebenserwartung haben müssen, sondern auch, weil die Eisenrieglersche Logik offensichtlich unsinnig ist.

Denn um seine griffig formulierte Behauptung zu stützen, zauberte er eine andere aus dem Hut, die ihrerseits ausgesprochen spekulativ ist. Damit beißt sich die Katze in den sprichwörtlichen Schwanz und die gesamte Aussage wird formal zu völligem Blödsinn.

Das Muster ist so einfach wie falsch: Zunächst stelle man eine aus der Luft gegriffene Behauptung auf und erkläre anschließend, dass diese durch eine weitere – in ihrer Pauschalierung ähnlich fragwürdige – bewiesen würde. Das ist ein Taschenspielertrick, der nicht einmal besonders clever ist, weil er sich rasch entlarven lässt, indem man die Argumentation einfach umdreht, und auch das funktioniert…

Schließlich zündete Eisenriegler noch die eigentliche Bombe  des Abends und verblüffte damit selbst den Moderator: „Die Branchenvertreter des Elektrohandels bestellen nicht nur große Mengen Waschmaschinen, sondern sie bestellen auch das Ablaufdatum.” Und auf die Frage des Moderators, ob das nachweisbar sei: „Das ist nachweisbar, die Informationen habe ich von einem Hersteller.”

Man kann Eisenriegler vieles vorwerfen, eines jedoch nicht: Dass er lange darüber nachdenkt, was er sagt. Aus dem Mann sprudeln Pauschalverdächtigungen und krude Vorhaltungen, dass es eine Freude ist. Bei einem allfälligen Prozess, immerhin fühlte sich Branchenvertreter Wolfgang Krejcik von Eisenriegler durch dessen Aussagen zurecht geschäftsschädigend verunglimpft und drohte diesem mit einem juristischen Nachspiel, darf man auf den Wahrheitsbeweis gespannt sein.

Stützt sich dieser bloß auf eine harmlose niederländische eMail (Faksimile in der aktuellen E&W-Ausgabe auf Seite 10), dann kracht wohl das gesamte argumentative Gebäude zusammen. Obwohl Eisenriegler, als er die Tragweite seiner dummen Äußerung begriffen zu haben schien, bei einer Pressekonferenz abzuwiegeln versuchte und behauptete, er hätte im ORF nicht die österreichischen Branchenvertreter, sondern die internationalen (wer ist denn das?) gemeint, muss hier ein alter Kartenspielerspruch her: „Was liegt, das pickt.”

Auch wenn es absurd erscheint anzunehmen, dass sich österreichische Branchenvertreter bei der global agierenden Industrie so etwas wie Ablaufdaten wünschen könnten und diese dafür den Ruf ihrer Marken riskieren.

Es bleibt zu hoffen, dass Maulhelden wie Sepp Eisenriegler entweder in einer juristischen Auseinandersetzung unwiderlegbare Beweise für ihre Anschuldigungen auf den Tisch legen, oder das selbige in Zukunft halten.

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Kommentare (1)

  1. sehr treffend

    Ich hatte auch das zweifelhafte Vergnügen, den Herrn vor über einem Jahrzehnt im Rahmen seiner damals von der Volkshilfe geförderten selbst inszenierten Branchenaufmischung kennen zu lernen. Das wurden renommierte Servicefirmen als Preistreiber dargestellt und die eigene als der „Messisas“-Betrieb. Stundensätze, die, weil gefördert, nichts mit realer Wirtschaft zu tun hatten zogen alles in wettbewerbsverzerrende Bahnen. Und die Medienpräsenz war enorm. Seit die Förderung weg ist, sieht das am Boden der Realität anders aus und so ist halt die Versuchung immer wieder groß, dies irgendwie wett zu machen…

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