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Freitag, 29. März 2024
Studie „The Last-Mile Delivery Challenge”

Capgemini: Das „Last Mile“-Dilemma

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 18.01.2019 | |  Archiv

Der Einzelhandel muss in die „letzte Meile“, also die Lieferung bis an die Wohnungstür, investieren, um weitere Einnahmequellen zu erschließen, so die Ergebnisse der neuen Studie „The Last-Mile Delivery Challenge (…)“ des Capgemini Research Institutes.

Bei vorliegender Studie des Capgemini Research Institutes (einem weltweiten Anbieter von Management- und IT-Beratung, Technologie-Services und Digitaler Transformation) lag der Fokus zwar auf dem Lebensmitteleinzelhandel, die Ergebnisse sind jedoch auch für andere Branchen sehr aufschlussreich. Im Zuge der Studie „The Last-Mile Delivery Challenge: Giving retail and consumer product customers a superior delivery experience without hurting profitability“ wurden 2.874 Verbraucher in fünf Ländern in Europa und Nordamerika befragt. Darüber hinaus wurden Führungskräfte von 500 Lebensmitteleinzelhändlern und Konsumgüterfirmen interviewt, um die Auswirkungen der letzten Meile auf Kosten, Loyalität und Rentabilität zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen zum einen, dass der Einzelhandel in die Lieferung bis an die Wohnungstür investieren muss, um weitere Einnahmequellen zu erschließen.Zutage kam auch, dass drei von vier Kunden bei extraschneller Lieferung öfter und mehr Lebensmittel online kaufen würden – extra zahlen möchten dafür aber die Wenigsten. Die Befragung ergab zudem, dass 97% der Unternehmen überzeugt sind, die derzeitigen „Last-Mile“-Liefermodelle langfristig nicht überall anbieten zu können. Vor allem die kostenfreie Lieferung sei in Gefahr, sollten die Zustellungskosten nicht durch weitere Automatisierung sinken.

Marc Rietra, Leiter Business & Technology Solutions CPRD bei Capgemini in Deutschland meint dazu: „Heute sind die Kunden weder mit der Qualität der Zustelldienste zufrieden, noch bereit, die Gesamtkosten für die Zustellung bis an die Wohnungstür zu übernehmen. Der Handel steckt damit in einem Dilemma: Wie einen ‚Last-Mile‘-Lieferservice anbieten den die Kunden lieben, ohne dabei die eigene Rentabilität zu gefährden? Wenn ihnen das gelingt, winken als Lohn die Loyalität der Kunden und mehr Umsatz, zusätzlich zur Optimierung der eigenen Lieferstationen und geringeren Profitabilitätsrisiken.“

Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie im Detail

Ertragschancen durch die Automatisierung des Kundenerlebnisses auf der „letzten Meile“: Da Lagerhaltung und Produktsortierung ein Drittel der Kosten einer Lieferkette ausmachen, bietet die Automatisierung hier erhebliches Potenzial. In Anbetracht dessen investieren 89% der Unternehmen in die Mechanisierung und Automatisierung von Lagerräumen, um die korrekte Ausführung und Lieferung zu beschleunigen.

40% der Kunden bestellen derzeit mindestens einmal pro Woche Lebensmittel online: Bis 2021 wird diese Zahl voraussichtlich auf 55% ansteigen. 40% der Kunden bezeichnen Lieferservices als „must have“ beim Kauf von Lebensmitteln und ähnlichen Produkten. Jeder Fünfte wäre sogar bereit, den Händler zu wechseln, wenn dieser Service nicht angeboten wird. Diese Entwicklung im Verbraucherverhalten führt laut Capgemini auch zu mehr Spontankäufen: 59% der Kunden kaufen Produkte online wenn sie sie brauchen, statt bis zum Wochenende zu warten, um im Geschäft vor Ort zu einzukaufen.

Eine schnelle und effektive Zustellung auf der „letzten Meile“ verführt zu höheren Ausgaben und steigert die Kundenbindung: 74% der zufriedenen Kunden planen, die Ausgaben beim bevorzugten Händler um bis zu 12% zu erhöhen. Die Mehrheit der Kunden (82%) teilt ihre positiven Erfahrungen mit Freunden und Familie und etwas mehr als die Hälfte (53%) wäre sogar bereit, eine kostenpflichtige Mitgliedschaft für einen guten Lieferservice zu erwerben. Während 55% der Kunden bestätigen, dass eine Lieferungen innerhalb von zwei Stunden ihre Loyalität steigert, bieten derzeit nur 19% der Unternehmen diese Lieferzeit an, 59% der Unternehmen geben einen Lieferzeitrahmen von mehr als drei Tagen an.

65% der Kunden nutzen alternative Zustelldienste für Lebensmittel – wie Google Express, Instacart oder Ocado – für bessere Services als im traditionellen Einzelhandel: Die Studie bestätigt, dass Verbraucher mit dem derzeitigen Stand der Leistung im letzten Lieferschritt nicht zufrieden sind, vor allem aufgrund hoher Preise (59%), fehlender Same-Day-Delivery (47%) und verspäteter Zustellungen (45%). Fast die Hälfte (48%) der unzufriedenen Kunden würden ihre Ausgaben um 45% senken oder nicht wieder bei einem Händler bestellen, mit dessen Lieferung sie nicht zufrieden wären.

Trends, Schlüsselinvestitionen und Widersprüche

Wie Capgemini sagt, berechnen Unternehmen ihren Kunden derzeit nur noch 80% der gesamten Lieferkosten und die Zustellung ist der teuerste Teil der Lieferkette: „Die Befragung ergab, dass 97% der Unternehmen die aktuellen Modelle der Last-Mile-Delivery nicht für geeignet halten für eine flächendeckende und vollständige Implementierung. Damit werden sie zur Schlüsselinvestition für 2019, denn nur ein Prozent der Kunden sind bereit, die Gesamtkosten für Lieferungen in der letzten Meile zu übernehmen. Obwohl niedrige Lieferkosten für die Hälfte aller Kunden oberste Priorität besitzen, ist dies nur bei 30% der Unternehmen der Fall.“ Ein weiterer Widerspruch: Wichtiger als eine schnelle Lieferung sei die Zustellung im passenden Zeitfenster, sagen rund drei Viertel (73%) der Verbraucher, doch nur 19% der Unternehmen sehen das ebenso.

Wie Capgemini berichtet und sich dabei auf die Studie bezieht, sind Kunden offen für Experimente mit Lieferoptionen im „Crowdsourced-Stil“. Soll heißen: „Für einen bestimmten Anreiz, am liebsten finanzieller Art, wären 55% bereit, Produkte an Nachbarn in ihrer Nähe zu liefern, wobei es 64% wiederum egal wäre, ob eine Lieferung von einem Mitarbeiter eines Einzelhandelsgeschäfts, einer Privatperson oder Kurieren von Dritten durchgeführt wurde. Tatsächlich sind 79% der Kunden bereit, Lebensmittel zu einem Preis zu liefern, der unter den derzeitigen Kosten der Einzelhändler für die Belieferung liegt.“

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