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Freitag, 29. März 2024
Mit sofortiger Wirkung

ATV verlässt Verband Österreichischer Privatsender

Multimedia | Wolfgang Schalko | 09.09.2014 | |  Archiv
ATV-Chef Martin Gastinger sah die Interessen der ATV-Sendegruppe vom VÖP nicht mehr angemessen vertreten und kündigte daher die Mitgliedschaft. (©ATV)  ATV-Chef Martin Gastinger sah die Interessen der ATV-Sendegruppe vom VÖP nicht mehr angemessen vertreten und kündigte daher die Mitgliedschaft. (©ATV)

In einem offenen Brief setzte Martin Gastinger, GF des ältesten österreichischen Privatsenders ATV, gestern den Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) über die Beendigung der Mitgliedschaft in Kenntnis. Der ATV-Chef begründete den Schritt mit „gravierenden Missständen“ im VÖP und damit, dass der Verband nicht die Interessen aller heimischen Privatsender, sondern bloß jene der Sendergruppe Pro7Austria/Puls4/Sat1 Österreich vertrete.

Hier der offene Brief im Original:

Empfänger: Verband Österreichischer Privatsender (VÖP)
Absender: ATV Privat TV GmbH & Co KG

Betreff: Beendigung der VÖP-Mitgliedschaft der ATV Privat TV GmbH & Co KG mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Dr. Schweighofer!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Die ATV Privat TV GmbH & Co KG erklärt hiermit die Beendigung der Mitgliedschaft im Verband Österreichischer Privatsender mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund.

Wir bedauern sehr, diesen Schritt setzen zu müssen, erachten es aber als notwendig und konsequent, da aus unserer Sicht längst keine Arbeit mehr im Sinne des Vereinszwecks erfolgt. Zudem wurden gravierende Missstände und Unvereinbarkeiten trotz massiver Urgenz unsererseits nicht beseitigt.

Als Österreichs ältester Privatsender haben wir uns lange dafür eingesetzt, dass der Verein als starke Interessenvertretung für das österreichische Privatfernsehen kämpft und als relevanter Player in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Doch trotz wiederholtem Aufzeigen gravierender Missstände und massiver Urgenzen war der Verband nicht bereit, seinen derzeit eingeschlagenen Weg zu korrigieren.

Die Entscheidung für diesen Schritt ergibt sich, weil seitens des VÖP die Interessen in keiner Weise mehr entsprechend des Vereinszwecks wahrgenommen werden.

Im Einzelnen:

Zweck des VÖP ist nach dessen Statuten in § 2 insbesondere

  • die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern und die Mitglieder in allen mit dem Rundfunkbetrieb zusammenhängenden Fragen zu unterstützen;
  • die Interessen der Privatrundfunk- und Vermarktungsunternehmen gegenüber den Behörden, den gesetzgebenden Körperschaften, dem Österreichischen Rundfunk und allgemein in der Öffentlichkeit zu vertreten;
  •  insbesondere auch die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder im Wettbewerb mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu fördern.

Als Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sieht § 3 insbesondere vor:

  • Vorsprachen bei Behörden, gesetzgebenden Körperschaften und Interessenvertretungen;
  • Ausarbeitung von Stellungnahmen und Gutachten zu Gesetzen, Verordnungen und sonstigen behördlichen Maßnahmen

Seit geraumer Zeit wird dieser Vereinszweck in wesentlichen Punkten nicht mehr erfüllt, da der VÖP offenkundig ausschließlich die Interessen der Sendergruppe Pro7 Austria / Puls 4 / Sat1 Österreich wahrnimmt.

Geäußert hat sich diese einseitige Haltung des VÖP gegenüber seinen Mitgliedern insbesondere hinsichtlich der Forderung nach einer gesetzlichen plattformunabhängigen Must-Carry-Regelung. Ein Tätigwerden für eine Gesetzesnovelle, die sämtlichen privaten Rundfunkveranstaltern zugutegekommen wäre und damit dem Vereinszweck entsprochen hätte, wurde vom VÖP unter anderem auf Drängen der erwähnten Sendergruppe nicht weiter verfolgt. Durch diese ablehnende Haltung des VÖP mussten wir selbstständig, sohin nicht unterstützt durch die Interessenvertretung, bei der Politik vorstellig werden, um diese – für alle Privatsender sinnvolle – Maßnahme vorzuschlagen. Genau dies wäre aber Aufgabe des VÖP gewesen. Die Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die die Interessen ihrer Mitglieder aber offensichtlich ignoriert, ist nicht mehr weiter tragbar.

Während der Vorschlag, dass der VÖP für eine Gesetzesnovelle in Sachen plattformunabhängiges Must-Carry aktiv werden sollte, vom Vorstand abgelehnt wurde, werden Themen, die ausschließlich die Sendergruppe Pro7 Austria / Puls 4 / Sat1 Österreich betreffen, regelmäßig eingehend und ausführlich behandelt. Statt sich darauf zu konzentrieren, seine Mitglieder zu fördern und zu unterstützen, hat sich die Arbeit des Vereins nunmehr auf mediale Auseinandersetzungen mit dem ORF reduziert.

So wurde beispielsweise der letzte VÖP/RTR-KommAustria-Jour-Fixe für die Puls 4-Beschwerde bei der KommAustria missbraucht, die sich gegen den Erwerb der UEFA Champions League-Rechte durch den ORF richtet.

Die im Zusammenhang mit der oben erwähnten Sendergruppe tendenziöse Haltung bzw. das entsprechende Verhalten des VÖP äußert sich auch in dessen Personalpolitik. So kann es nicht angehen, dass ein Mitarbeiter, teilweise auch als Karenzvertretung in einer führenden Position, Gutachten für die oben erwähnte Sendergruppe erstellt. Ebenso ist der anwaltliche Vertreter des VÖP für TV Belange zugleich deren Vertreter, sohin (nur!) einer Mitgliedergruppe, was ebenso einen Interessenkonflikt darstellt und die ungleiche Behandlung der Mitglieder durch den VÖP untermauert.

Wir haben diese Missstände mehrmals mit Nachdruck artikuliert und die Verbandsführung aufgefordert, diese zu beheben. Leider ist man diesen Aufforderungen bis heute nicht nachgekommen.

Diskriminierendes beharrliches Verhalten eines Vereins, seiner Organwalter oder Vereinsvorstände, die es einem Mitglied unzumutbar machen, dem Verein länger anzugehören, stellen einen wichtigen Austrittsgrund dar. Gleiches gilt für eine allgemeine Entwicklung des Vereins, die es einem Mitglied unzumutbar macht, weiterhin Mitglied zu bleiben.

Diese Umstände liegen aus unserer Sicht in concreto vor und eine Änderung der Umstände ist derzeit auch nicht zu erwarten.

Abschließend möchten wir festhalten, dass wir diesen Schritt bewusst setzen um auch weiterhin für ein starkes österreichisches Privatfernsehen arbeiten zu können. Wir wollen dabei aber nicht von einem Verein vertreten sein, der dieses Interesse nicht teilt.

Wir ersuchen um Kenntnisnahme und verbleiben

Mit besten Grüßen
Martin Gastinger

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