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Donnerstag, 28. März 2024
Bundesinnung sieht Ziele bei Erneuerbarer Energie gefährdet

Prinz: OIB Richtlinie zerstört die „Mission 2030”

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 05.07.2018 | | 1  Archiv
Für Gerald Prinz, Bundesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker, kommt die neue OIB Richtlinie 6 einer Demontage der in der „Mission 2030” verankerten Klima- und Energieziele gleich.
Für Gerald Prinz, Bundesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker, kommt die neue OIB Richtlinie 6 einer Demontage der in der „Mission 2030” verankerten Klima- und Energieziele gleich.

Bis zum Jahr 2030 soll Österreich zu 100% mit erneuerbarem Strom versorgt werden – ein Ziel, das die Bundesinnung Elektrotechnik zu 100% unterstützt. Allerdings sind im Entwurf der neuen OIB RL6 die CO2-Werte für Strom teilweise höher als jene von Öl und Gas, außerdem betragen die vorgeschlagenen Anteile für selbst erzeugten PV-Strom, die man bei der Energiebetrachtung im Hausbau gegenrechnen darf, für Heizenergie nur 25% und für Warmwasser nur 50%. Bei Bundesinnungsmeister Gerald Prinz schrillen daher die Alarmglocken.

Hier der an die Innungsmitglieder gerichtete Beitrag „OIB zerstört die ‚Mission 2030′“ von Bundesinnungsmeister Gerald Prinz in voller Länge:

Was wurde alles schon geschrieben und verkündet. In welche schöne Zeit wollten wir aufbrechen. Die integrierte Klima- und Energiestrategie von Bundesministerin Köstinger sieht ja viele wunderbare Dinge für unser Land vor. Diese wurden in der Mission 2030 der Bundesregierung zusammengefasst. Die wichtigsten Punkte für uns sind dabei:

  • Bis zum Jahr 2030 soll Österreich zu 100% mit erneuerbarem Strom versorgt werden.
  • Ein 100.000-Dächer-Programm für PV-Anlagen soll dazu einen kräftigen Impuls geben.
  • Die Besteuerung von Eigenverbrauch soll aufgehoben werden.

Diese Ziele unterstützt die Bundesinnung Elektrotechnik natürlich zu 100%!! Ohne Einsatzbereitschaft der Menschen kann keine Regierung ein solches herausforderndes Ziel erreichen. Das gesamte Gewerbe und die Bevölkerung sind aus unsere Sicht mehr als bereit, diese Ziele voll mitzutragen. Aber gilt dies auch für den Sachverständigenbeirat des OIB (Österreichisches Institut für Bautechnik), der die österreichweiten Richtlinien für einen zukunftsorientierten Hausbau herausgibt??? 12 Entsandte der Landesregierungen bestimmen also massiv die Bauweise der Zukunft. Dieser Tage habe ich den neuen Entwurf der OIB-Richtlinie 6 zur Begutachtung bekommen, da dieser im Herbst verabschiedet werden soll. Als ich diesen quergelesen hatte, wurde mir schlecht und schwarz vor den Augen. Wie in einem Ölkessel!

Die CO2-Werte für Strom liegen teilweise höher als jene von Öl und Gas!!! – und sind seit der letzten OIB-RL 6 sogar erhöht worden, obwohl der Anteil der erneuerbaren Energien in Österreich stetig steigt! In einem Land, wo wir mehr als 85% Anteil erneuerbarer Energie bei Strom haben! Was hat man sich dabei gedacht?? Bei genauerer Betrachtung wird aber einiges klar. Während man unsere Einwände der letzten Jahre geflissentlich ignoriert hat und darauf in keinster Weise eingegangen ist, wurden die Forderungen des VKÖ (Vereinigung österreichischer Kessellieferanten) zu 100% umgesetzt. Da muss man nicht fragen, woher der Wind weht. Da ist es wohl klar, wer hier die „Sachverständigen“ in ihre Richtung treibt. Noch immer wird für Strom als einzige Primärenergie der Erzeugermix der Importländer verwendet und kompliziert hochgerechnet. Während bei allen anderen Energieträgern die Verluste und Verunreinigungen (Erhöhungen der CO2-Faktoren) in den anderen Ländern belassen werden und bei uns nur die Verbrauchswerte in die Tabelle kommen, wird beim Strom alles von der Wurzel an gerechnet. Die dummen Leute sollen ruhig doppelt bezahlen. Beim Kauf des Stromes und dann auch noch beim Energieausweis. Der Konsument kann sich bewusst teureren Strom (100% Wasserkraft) kaufen – er darf ihn nur beim Hausbau nicht verwenden!! Der Konsument wäre bereit zum Umdenken – die „Sachverständigen“ anscheinend nicht.

Es wäre auch viel zu einfach, den Wert der eigens dafür geschaffenen Behörde (61 g/kWh) in die OIB-RL 6 einzusetzen. In allen anderen Förderrichtlinien wird so agiert. In allen anderen Betrachtungsweisen wird mit einem Jahresmittel gerechnet. Hier nicht! Da könnte ich als Experte ja nicht mehr steuernd eingreifen. Je komplizierter die Berechnungen sind, desto höher sind natürlich auch mein Ansehen und die Abhängigkeit der anderen von mir. Warum sollte also der Lenker und Denker der OIB-Richtlinie 6 einen einfachen Weg gehen? Der größte Schlag ins Gesicht der willigen Bevölkerung sind aber die vorgeschlagenen Anteile für eigens erzeugten PV-Strom, die ich bei der Energiebetrachtung im Hausbau gegenrechnen darf. Für Heizenergie nur 25% und für Warmwasser nur 50%. Solarthermie (Warmwassererzeugung am Dach) darf natürlich zu 100% verwendet werden – kommt ja von Firmen des VKÖ! Abgesehen davon, dass EVUs schon 1:1-Ausgleichslieferungen von Strom in sogenannten Sonnenkontos anbieten (Was ich im Sommer zu viel erzeuge, bekomme ich im Winter wieder als volle kWh zurück – was ganz klar für eine Jahresdurchrechnung spricht), wird ja wohl auch im Sommer Warmwasser benötigt. Aber auch die Energie für Kühlung darf nur zu 50% gegenverrechnet werden. Selbst der Haushalts- und Betriebsstrom wird mit 75% angesetzt! Scheint im Sommer jetzt auch schon zu wenig Sonne?

Hat sich da überhaupt wer etwas dabei gedacht? Wir wollen 100.000 Dächer mit PV-Anlagen ausstatten, sagen aber dem Häuselbauer gleichzeitig, dass dies politisch gar nicht gewünscht ist? Dem Konsumenten und der Umwelt ist es doch vollkommen egal, wo und wann er den erneuerbaren Strom (=0 g CO2/kWh) einsetzt. Alles, was an PV-Strom erzeugt wird, muss zu 100% verwendet werden dürfen! Nur so kann ich die Bevölkerung motivieren, auch PV-Anlagen zu bauen. Hier muss offensichtlich noch massiver Druck aus der Bevölkerung auf die „Sachverständigen“ (Vertreter unser gewählten Landesregierungen!!!) ausgeübt werden. Warum diese so handeln, wie sie handeln, kann ich nicht beantworten. Das kann wohl nur das Österreichische Institut für Bautechnik tun, das in einem Schreiben vom April 2018 zumindest noch von einer geplanten Halbierung des CO2-Wertes (auf 135 g/kWh) gesprochen hat. Was da passiert ist? Fragt doch bitte unter Tel.: 01 533 65 50 selber nach!

Vielleicht hat man dort eine Antwort darauf, warum man eine vernünftige Energiestrategie gleich wieder im Keim ersticken will. Wir werden jedenfalls für euch weiterkämpfen und eine Allianz der Willigen schließen! Diese Ungleichbehandlung darf sich Strom als Primärenergiefaktor nicht gefallen lassen. Die Zukunft ist elektrisch!

Euer Gerald

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Kommentare (1)

  1. Die Sicht vergangener Jahrhunderte

    Die OIB hat die Sicht vergangener Jahrhunderte – so werden wir den Krieg gegen die globale Erwärmung nicht gewinnen. Strom hat lt. E-Control (wie Gerald schreibt) 61 g CO2/kWh und nicht (wie die OIB meint) bis zu 821! Zu 86,7% besteht endverbrauchter elektrischer Strom in Österreich aus erneuerbaren Anteilen (Wasser, Wind, Sonne). Das Problem der Zahlen der OIB (die aus einem falschen Ansatz kommen) ist, dass daraus Bauordnungen entwickelt werden und danach Gebäude errichtet werden, welche die nächsten 50 Jahre mit falschen Konzepten heizen. Und das, weil unser guter österreichischer Ökostrom durch den Dreck gezogen wird – leider im Sinn des Wortes.

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