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Freitag, 29. März 2024
„Querdenker handeln: Herausforderungen als Chance sehen"

Handelskongress der WKO OÖ

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 27.04.2016 | |  Archiv

Am 20. April fand der diesjährige Handelskongress der Sparte Handel der WKO Oberösterreich statt. Dieses Mal ging es um herausfordernde Zeiten, die flexible Denkstrukturen, Kreativität und originelle Strategien erfordern. Denn: Betriebe müssen sich abheben, um im breiten Strom der Angebote die Aufmerksamkeit der Kunden auf sich zu ziehen.

In einer Welt, in der es alles im Überfluss gibt, wird es für Händler immer schwieriger, wahrgenommen zu werden. Was vor zehn bis zwanzig Jahren noch im Trend war, ist es heute schon lange nicht mehr. „Die Zeiten sind sehr herausfordernd für Betriebe und das nicht nur den Handel betreffend“, so Spartenobmann Christian Kutsam. „In der Tat bringt die sich verändernde Gesellschaft neue Kundenwünsche mit sich, die es zu erfüllen gilt.“ Dies sei im Angesicht des Angebot-Überflusses jedoch eine große Herausforderung, die sich nur durch den Willen, ausgetretene Pfade zu verlassen, bewältigen lässt.

Vortragende aus der Wirtschaft, erläuterten vor rund 250 Zuhörern, dass man den Sprung ins kalte Wasser wagen müsste, um zu neuen Ufern zu gelangen. „Das erfordert nicht nur eine große Portion Mut und ein Quäntchen Glück: In erster Linie bedarf es der richtigen Strategie, denn viele Unternehmen begehen den Fehler, an der falschen Aufgabenstellung zu arbeiten“, so Referentin Anke Meyer-Grashorn von der Beratungsfirma „große Freiheit“, die seit fast 20 Jahren namhafte Unternehmen bei der Entwicklung neuer Ideen und der Umsetzung in zukünftige Markterfolge unterstützt.

Insbesondere nach langer Tätigkeit in einer speziellen Branche erkenne man oft nicht auf den ersten Blick, was es zu ändern bedarf. Der Problematik des Scheuklappen-Denkens lasse sich jedoch leicht entgegenwirken. „Starten Sie mit den richtigen Fragen“, rät die Unternehmensberaterin allen Betrieben, die ihre Verkaufs- und Vermarktungsstrategie ändern möchten. Diese sollten dabei lauten: Was sind die Bedürfnisse meiner Kunden und welchen Mehrwert kann ich ihnen bieten? Meyer-Grashorn dazu: „Die Menschen sind heutzutage widersprüchlich und fordern einen, doch genau sie sind es, die das Geschäft bestimmen. Wenn die Vertriebsziele rein monetärer Natur sind und man nur auf den Umsatz bedacht ist, verliert man schnell aus dem Blick, was die Kunden wollen.

Handel an Bedürfnisse der Kunden anpassen

Peter Johann Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel, stellt Kundenbedürfnisse –  neben der Ausbildung seiner Mitarbeiter und einem modernen, zeitgemäßen Auftritt – ebenso in den Mittelpunkt. Denn es sei in erster Linie der Kunde der Käufer und somit derjenige, der den Umsatz bestimmt. „Daher sollte man den Kunden in den Mittelpunkt aller Geschäfte stellen und das Sortiment nach seinen Wünschen ausrichten“, sagt Buchmüller.

Johannes Gutmann, Gründer der Biofirma Sonnentor aus dem Waldviertel, lässt sich auch von den Vorstellungen seiner Verbraucher leiten. Interessant ist: „80% der Ideen kommen von unseren Klienten. Wenn ein Kunde sagt, was er will, dann nehmen Sie das an.“

Querdenken zu Beginn oft nicht einfach

Innovationen oder herkömmliche Produkte ganz den Kundenbedürfnissen anpassen? Das klingt laut Meyer-Grashorn zwar interessant, erfordert jedoch den Willen zur Erweiterung des Horizonts und oftmals liege genau dort „der Hund begraben“. Meyer-Grashorn: „Laut einer deutschen Langzeitstudie sträuben sich 81% der Gesamtbevölkerung gegen Veränderungen. Nun stellt sich die Frage, wie man trotz anfänglicher Scheu vor neuen Wegen die ausgetretenen Pfade verlassen kann. Manche Menschen stecken voll Ideenvielfalt, andere brauchen etwas länger, bis der zündende Einfall kommt: Wichtig ist, sich entsprechend Zeit zu nehmen und ohne Druck an die Sache heranzugehen.“

Co-creation sei laut Meyer-Grashorn eines der Zauberworte, die einem neuen Input verschaffen können, vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen. „Wenn Unternehmen mit ihren Kunden, beziehungsweise ihren Mitarbeitern zusammen an der Entwicklung eines Produktes arbeiten, ergibt sich oftmals eine Win-Win-Situation für beide Seiten: Der Betrieb kennt die Bedürfnisse des Kunden und der Kunde wiederum erhält das Produkt nach seinen Vorstellungen.“

Für Unternehmer lohne es sich, all seine Mitarbeiter in die Denkprozesse miteinzubeziehen, um ein möglichst breites Spektrum an kreativem Gedankengut zu erhalten. „Unternehmen wie Linux und Wikipedia sind sogenannte Co-creation-Produkte und auch Nike, Lego, McDonald‘s sowie viele weitere beziehen ihr Klientel direkt bei der Entwicklung der Ideen ein. Unter anderem werden auf Internet-Plattformen Querdenker angeregt, aktiv ihren Input zu liefern und damit frischen Wind in die Betriebe zu bringen. „

Zahlreiche Firmen gewinnen kostbare Erkenntnisse über Kunden direkt bei ihnen vor Ort. So begeben sich beispielsweise Mitarbeiter vom Management, Marketing und der Produktion in Privathaushalte, wo sie den Menschen Fragen hinsichtlich der Verwendung des Produktes stellen. Dadurch würden sich viele neue Ideen auftun, denn „das was für den Produktentwickler nichts als Schwachsinn ist, bringt dem Unternehmen aus Marketingsicht möglicherweise viel Profit“, so Meyer-Grashorn.

„Aus ‚Sachen, die man nicht braucht’, lassen sich oftmals neue Geschäftsfelder erschließen“, sagt auch Gutmann. Anfangs belächelt, erwirtschaftete der ehrgeizige Sonnentor-Chef vergangenes Jahr rund 45 Millionen Euro und führt einen Leitbetrieb mit 180 Vertragsbauern. „Auch wenn die Leute sagen, dass das, was du machst, keiner braucht, kann dies trotzdem die Spur der Goldader sein.“

Dem stimmt auch Bernhard Heinzlmaier von der Wiener und Hamburger Trendagentur tfactory zu. „Der Markenwert dominiert den Gebrauchswert: Heutzutage geht es um das Image, das nach außen transportiert wird und nicht um den wahren Nutzen.“

Der Auftritt nach außen prägt den Erfolg

Man brauche Wiedererkennungswert, um sich in den Köpfen der „Überflussgesellschaft“ einzuprägen, betont Heinzlmaier und fügt hinzu: „Wir haben von allem zu viel: Einen Überschuss an Kommunikation, Information und Waren, der uns permanent umgibt. Die Aufmerksamkeit erreicht man am besten durch das Bild, denn der Mensch ist ein visuelles Wesen.“ Somit sei ein Logo, das Emotionen weckt und in Erinnerung bleibt ausschlaggebend, um aus der Masse herauszustechen, wie auch Gutmann hervorhebt. „Ich tue nichts anderes, als mit meinen Produkten Geschichten zu erzählen“, sagt der Sonnentor-Chef, der seine natürlichen Kräutermischungen, Gewürze und Tees mit einer einprägsamen Gestaltung auf den Markt bringt. Übrigens: Mit 450.000 verkauften Packungen war 2015 der Tee-Adventkalender das beliebteste Sonnentor-Produkt.

Gemäß dem Motto „Mach dich selten, lass dich gelten“, rät Heinzelmaier den Handelsbetrieben, ihr Angebot zu verknappen. „Waren, die sich uns aufdrängen, wird keine Wertschöpfung entgegengebracht. Daher ist es wichtig, das Angebot zu reduzieren und dem Kunden etwas Wertvolles zu bieten, denn die Überfüllung haben wir sowieso jeden Tag.“ Weiters appelliert Heinzelmaier, sich nicht vor Risiko zu scheuen. „Wenn man in der Zeit der Überfülle an Informationen nichts riskiert, wird man übersehen werden!“

Gutmann betont: „Auch wenn Veränderungen eine große Portion Mut erfordern, sollte man die Herausforderung als Chance sehen, zu neuem Input zu gelangen. Der Sprung in das kalte Wasser bringt zwar die Eventualität von Misserfolgen mit sich, doch „erst bei Krisen ist man bereit, etwas zu ändern.“

 

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