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Donnerstag, 18. April 2024
Rückblick auf das Auftaktevent der PV-Branche (Teil 1)

PV-Kongress 2024: Die Parteien bekennen Farbe

Photovoltaik Energiezukunft | Wolfgang Schalko | 12.04.2024 | |  Veranstaltungen, Wissen
Mehr als 620 Teilnehmer sorgten bei PV-Kongress 2024 für eine Rekordkulisse. Mehr als 620 Teilnehmer sorgten bei PV-Kongress 2024 für eine Rekordkulisse. Beim heurigen PV-Kongress des Bundesverbands Photovoltaic Austria (PV Austria) standen einmal mehr die Rahmenbedingungen, Pläne und Visionen für eine Fortsetzung des PV-Rekordausbaus in Österreich Zentrum. Der Branchenevent ging vor einer Rekordkulisse mit mehr als 620 Teilnehmern und über 50 ausstellenden Unternehmen im Austria Center Vienna über die Bühne. Angesichts des Superwahljahres 2024 bildete die Podiumsdiskussion der Energiesprecher der fünf im Parlament vertretenen Parteien den Höhepunkt.
PV Austria-Vorstandsvorsitzender Herbert Paierl bei seiner Eröffnungsrede. (©Paul Stender)

Bei seinen einleitenden Worten plädierte der Vorstandsvorsitzende von PV Austria, Herbert Paierl, für einen raschen Ausbau von Netzen und Speichern: „Die Grenzen der Physik lassen sich nicht weg reden – wir stehen an! Es braucht daher endlich Schwung für den Netzausbau.“ Die Dynamik für Photovoltaik müsse auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene fortgesetzt werden. „Wir haben beim PV-Ausbau gemeinsam mehr erreicht, als vor wenigen Jahren noch vorstellbar war. Nur wenn weiterhin alle an einem Strang ziehen, schaffen wir die Energiewende – bei Photovoltaik gibt es keine Opposition, sondern nur Kooperation“, so Paierl, der sich bei allen Stakeholdern für das bisher Erreichte bedankte und auch den politischen Vertretern, die sich der folgenden Podiumsdiskussion stellten, Anerkennung zollte.

Auf dem richtigen Weg

Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität Innovation und Technologie, betonte in ihrer per Video zugespielten Begrüßungsansprache die Bedeutung der Photovoltaik für das Erreichen der Energie- und Klimaziele: „Die Photovoltaik hat eine entscheidende Rolle als Schlüsseltechnologie und ist Sinnbild für die Energiewende. Wir sind beim PV-Ausbau in Österreich auf einem sehr guten Weg, dafür haben wir viel getan und darauf können wir stolz sein.“ Sie bezeichnet den Null-Steuersatz für bis zu 35 KW-Photovoltaikanlagen als „neuen, grünen Turbo“ für den Ausbau und die anstehende Modernisierung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) als „neues, dringend notwendiges Betriebssystem“ für die Energiewende. Das neue ElWG habe das Potenzial für ein europäisches Best-Practice-Modell, so die Ministerin, die an dieser Stelle anführte, dass auch zum Erhalt und Ausbau der europäischen Solarindustrie Anstrengungen notwendig seien – Stichwort „Made in Europe”-Bonus. Sie sei zuversichtlich, dass man die Dynamik des PV-Ausbaus der letzten zwei Jahre beibehalten könne.

Diskussion der Energiesprecher: Energiewende, Erneuerbare, ElWG – grundsätzliches Ja, aber…

Bei einer großen Podiumsdiskussion legten die Energiesprecher der fünf Parlamentsparteien die Positionen ihrer Partei offen und stellten klar, wo ihre energiepolitischen Prioritäten liegen.

Karin Doppelbauer, die Energiesprecherin der NEOS, forderte für ein Gelingen der Energiewende konkrete politische Umsetzungsmaßnahmen, wie mehr übergeordnete Infrastrukturplanung und einen Netzausbau, statt Endlos-Debatten über die Energiewende: „Diskussion ist gut, wir müssen aber ins Handeln kommen.“ Man müsse auch die Ideologie aus der Diskussion bringen und stattdessen Pragmatismus einziehen lassen. „Die Branche ist sehr viel weiter als die Politik”, hielt sie fest.
Sie zeigte sich für die NEOS beim Elektrizitätswirtschaftsgesetz ElWG und beim Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz EABG gesprächsbereit. Doppelbauer forderte vor allem mehr Tempo bei der Umsetzung von Energieprojekten und eine funktionierende Energieraumplanung, die auch für die Bundesländer verbindlich ist – umgesetzt über 15a-Vereinbarungen im Rahmen des Finanzausgleichs. Sie erachtete „die großen Landesenergieversorger als durch und durch politisiert“ und forderte einen Rückzug der politischen Parteien aus den Aufsichtsräten der Energieversorger. In mehr Wettbewerb – z.B. dadurch, dass die Landesenergieversorger den Strom in ganz Österreich anbieten können – sah Doppelbauer auch einen Schritt in Richtung niedrigerer Strompreise und einer niedrigeren Inflation. Außerdem verlangte sie mehr Berücksichtigung der Bürger-Interessen und nannte als wichtigen Aspekt für mehr Zustimmung zum Erneuerbaren- und Netzausbau etwa die Verlegung von 110 KV-Leitungen als Erdkabel.

Tanja Graf, Energiesprecherin der ÖVP, führte bereits beschlossene politische Maßnahmen und optimierte Rahmenbedingungen auf dem Weg in die Energiewende, wie die Mehrwertsteuersenkung für Photovoltaik, ins Treffen: „Wir haben gemeinsam schon viel erreicht und das kann sich sehen lassen.“
Sie erachtete den Netzausbau als große Herausforderung, um die Ziele des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes zu erreichen und kritisierte in diesem Zusammenhang „viel zu lange“ Genehmigungsdauern für Leitungsprojekte. „Wir brauchen weniger Ideologie und mehr offene Diskussion, wenn es um übergeordnete Energieprojekte geht.“ Etwa beim ElWG benötige die Regierung Partner für die notwendige Zweidrittelmehrheit, appellierte Graf an die Oppositionsparteien für mehr gemeinsame Anstrengungen. Vom zuständigen Ministerium verlangte sie zeitnah einen neuen ElWG-Entwurf, der auch technisch umsetzbar sei, und merkte an: „Es kann nicht alles drin sein – sonst kommt das Gesetz nie!” Man müsse hier auch abwägen und Entscheidungen treffen – „Alles andere wäre Scheinheiligkeit.” Zumal man „so ehrlich sein muss, dass Energiepolitik keine Sozialpolitik ist. Wir alle tragen die Kosten dafür.”

Auf dem Podium machten die Energiesprecher der fünf Parlamentsparteien – Karin Doppelbauer (NEOS), Tanja Graf (ÖVP), Lukas Hammer (Die Grünen), Axel Kassegger (FPÖ) und Alois Schroll (SPÖ) – deutlich, für sie in Energiefragen stehen und wo ihre energiepolitischen Prioritäten liegen. (©Paul Stender)

Lukas Hammer, Energiesprecher der Grünen, stellte den vermeintlich zu hohen Kosten für den Erneuerbaren-Ausbau die jährlichen 17 Milliarden Euro für Öl- und Gasimporte gegenüber. Von Investitionen in den Erneuerbaren-Ausbau würden letztlich die Menschen und die heimische Wirtschaft profitieren – die 600 Millionen PV-Förderung aus dem Vorjahr würden „doppelt und dreifach zurückkommen”. Hammer ortete langjährige Versäumnisse bei der Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen für die Energiewende. „Die unglaublichen PV-Zuwächse allein zeigen, dass die Energiewende möglich ist und welches enorme Potenzial es hier im Land gibt.“ Als zentral für die Energiewende bezeichnete Hammer das ElWG, bei dem das Klimaschutzministerium gerade die mehr als 350 Stellungnahmen einarbeitet. Dieses sei auch „ein Versuch, in Energiefragen national einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen” und er zeigte sich optimistisch, dass das ElWG noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird. Im Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz sah er einen „Turbo“ für den Erneuerbaren-Ausbau und auch für den Netzausbau. In Zusammenhang mit der Energie-Raumplanung plädierte Hammer für mehr Bundeskompetenzen (wie z.B. Widmungsdurchbrechung).
Zur oftmals genannten „China-Problematik” bei PV-Komponenten hielt er fest: „Ja, wir brauchen eine Österreich- bzw. EU-Förderung. Aber es gibt bei der Erneuerbaren dennoch Wertschöpfung in Österreich und Europa – im Gegensatz zur fossilen Energie.” Er ergänzte, dass Anreize alleine jedoch nicht ausreichen würden, sondern es einen Mix aus Anreizen und Verpflichtungen brauche. Für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung würde zB eine PV-Verpflichtung bei neuen Parkplätzen bzw. eine entsprechende Verpflichtung zur Nachrüstung sorgen, da damit versiegelte Flächen genutzt würden. Und auch einen Seitenhieb in Richtung Axel Kassegger konnte sich Hammer nicht verkneifen: „Wir verstehen nicht, was mit FPÖ seit Hans Kronberger passiert ist.”

Axel Kassegger, Energie- und Wirtschaftssprecher der FPÖ, sah etliche Umsetzungsschritte „in die falsche Richtung“. Energiepolitik müsse Teil der Wirtschafts- und Standortpolitik sein und daher ausgewogen und balanciert. „Es braucht günstige und zuverlässige Energie als wichtigen Faktor”, so Kassegger. Die FPÖ sehe daher das Ziel, bis 2030 Strom zu 100 Prozent aus Erneuerbaren zu gewinnen, als nicht prioritär, da ohnehin bereits mehr als 75 Prozent des Stroms aus erneuerbarer Energie stamme. Auch die Klimaneutralität bis 2040 habe für die FPÖ keine Priorität. Das ElWG bezeichnete Kassegger indes als „enorm wichtig“, denn man habe zwar die Erzeugung erneuerbarer Energie forciert, aber der Netzausbau sei jahrelang verschlafen worden. Er kündigte für seine Partei Gesprächsbereitschaft an, sah aber noch viele konkrete Fragen offen.
Beim Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz ortete der FPÖ-Energiesprecher noch Diskrepanzen zwischen übergeordneten Energiezielen und den Interessen der örtlichen Bevölkerung. Als sehr wichtige Frage brachte er jene nach den Kosten und wer diese tragen solle in Spiel – letztlich seien es aber die Endverbraucher. Er sei auch schon „gespant auf den integrierten Netzausbauplan. Denn ich schaue mir an, wie Bundeskanzler Nehammer ’seine‘ ÖVP-Landeshauptleute als Vertreter der Netzbetreiber auf Schiene bringen wird.” Hier gebe es „diverse ökonomische Ineffizienzen.” Und er betonte: „Wir stellen den Erneuerbaren-Ausbau nicht in Frage, aber im Detail liegt der Hund begraben. Die FPÖ will nicht von oben ‚drüberfahren‘ – vielmehr sollte man Anreize schaffen, damit sich etwas rechnet, wie etwa PV-Anlagen auf Parkplätzen mit über 50 Stellplätzen.”

Alois Schroll, Energiesprecher der SPÖ, plädierte für Gemeinsamkeit auf dem Weg in die Energiezukunft – „jeder kann und muss etwas zur Energiewende beitragen”. Seine Partei stehe für zwei Drittelmehrheiten grundsätzlich zur Verfügung – es brauche aber sinnvolle Maßnahmen, etwa für eine optimierte Infrastruktur, hohe Versorgungssicherheit und Ausbildungsoffensiven für die dringend benötigten Fachkräfte. Schroll ortete bei der Regierung leere Ankündigungen, denen „viel zu oft“ keine konkreten Maßnahmen folgten. Das Klimaschutzgesetz und ein Fahrplan zur Energiewende würden seit Jahren von der ÖVP verhindert: „Das wäre aber ganz wichtig, auch als europaweites Signal. So fehlt derzeit die Gesamtstrategie”, erklärte Schroll.
Dem ElWG werde die SPÖ nur zustimmen, wenn es ausgewogen, leistbar und sozial gerecht sei. Es müssten „alle Menschen von der Politik abgeholt werden und niemand darf in einer kalten und dunklen Wohnung zurückgelassen werden.“ Die Energiewende sei auch eine Gerechtigkeitsfrage und nicht zuletzt dafür seien einheitliche Regelungen in ganz Österreich notwendig – „Alles andere wäre unverständlich”. Es gehe nun zudem um die Frage, was der Bund bei den Ländern bewirken könne, gerade auch hinsichtlich fehlendem Wettbewerb bei den Landesenergieversorgern. „Ein erster Schritt wäre, wenn das EABG endlich auf dem Tisch liegen würde – sonst kann es auch nicht beschlossen werden”, so Schroll abschließend.

Die Podiumsdiskussion wurde mit der Frage nach dem drängendsten Gesetzesvorhaben der nächsten Monate beendet. Alle Parteivertreter waren sich einig: das ElWG soll in den nächsten drei Monaten beschlossen werden.

Mehr vom PV-Kongress lesen Sie in der demnächst erscheinenden E&W-Ausgabe 4/2024 sowie in Kürze hier im zweiten Teil unseres Rückblicks.

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