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Donnerstag, 28. März 2024
Retail-Branchentreff „Standorttag“

Emotion am POS

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 09.10.2014 | Bilder | |  Archiv
Im Zuge des Standorttages des Handelsverbandes wurden Antworten auf die Frage, wohin sich der Shop der Zukunft entwickelt, gesucht – und teils gefunden. Im Zuge des Standorttages des Handelsverbandes wurden Antworten auf die Frage, wohin sich der Shop der Zukunft entwickelt, gesucht – und teils gefunden.

High-Tech am POS, Erkenntnisse aus der Neuropsychologie und limbisches Licht – das waren einige der Antworten auf die Frage, wohin sich der Shop der Zukunft entwickelt. Um Emotionen am PoS, um die Kunst, das Einkaufserlebnis multisensorisch zu beeinflussen, und um die Frage, ob dies wirklich mehr Umsatz bringt, drehte sich der diesjährige Standorttag des Handelsverbandes, der gestern, am 8. Oktober unter dem Titel „Emotion am Point of Sale“ stattfand. Mit rund 100 Gästen (darunter auch E&W) war das Zumtobel Lichtforum dabei komplett ausgebucht – „ein Thema, das den Handel bewegt“, so die Initiatoren.

 „Der Einkauf ist eine sehr emotionale Angelegenheit“, mit diesen Worten eröffnete Daniel Lechner, Geschäftsführer und Director Marketing der ZG Lighting GmbH, den Standorttag 2014 des Handelsverbands, und führte so direkt zum Thema: Wie kann sich der Handel Emotionen zunutze machen?In Zeiten einer galoppierenden Digitalisierung ist Emotion ein zentraler Erfolgsfaktor im stationären Handel“, ergänzte Patricia Mussi, GF des Handelsverbands.

„Das Märchen vom Homo oeconomicus“

Als stets vernünftig und wirtschaftlich denkend sieht sich der Mensch gerne selbst. Ein Trugschluss, zeigt Nicola Schweitzer, Consultant der Gruppe Nymphenburg Consult AG, schnell auf. Fakt ist: „90% seiner Entscheidungen trifft der Mensch unbewusst und nur etwa 50 Bits von elf Millionen an Informationsvolumen, das über seine Sinne ständig aufgenommen wird, wird tatsächlich bewusst verarbeitet. Aus einem einfachen Grund: Denkprozesse sind in höchstem Maße anstrengend, sie beanspruchen etwa 20% des gesamten Energieverbrauchs. Fast alle Entscheidungen werden also unbewusst und emotional getroffen.

„Glückliche Kunden kaufen etwa 10% mehr“

Studien belegen, dass glückliche Kunden etwa 10% mehr kaufen als unglückliche. „Ganz einfach also: Der Handel muss seine Kunden glücklich machen, um seine Umsätze zu steigern“, so die Zumtobel ZG Lighting GmbH, die dies mit Licht erreichen will und eine Studie in Auftrag gegeben hat, die die Wirkung unterschiedlicher Lichtszenarien auf die Emotionen der Kunden untersucht. „Wir konnten drei Persönlichkeitstypen clustern – Dominanz, Stimulanz und Balance – und diesen nach aufwendigen neurologischen Labortests Lichtszenarien zuordnen, die sie jeweils bestmöglich stimulieren“, erklärt Nicola Schweitzer. Noch stärkere emotionale Aufladung, und damit eine noch bessere Internalisierung zum Beispiel der Marke, kann durch multisensorische Stimulation erreicht werden, also den Einsatz von Düften, Haptik, Musik usw.

Case Study: High-Tech am POS

Ein besonderes Einkaufserlebnis schuf der Shopausstatter Umdasch in Kooperation mit Samsung und der Ars Electronica für den Modehändler RAG: Eine Shopping-Wall aus 14 Flachbildschirmen holte den Webshop in den Echtshop und versuchte die Verzahnung der realen mit der digitalen Welt. Bis zu zwei Kunden parallel konnten an die 10.000 Produkte auf den Screen holen, sie im Laden lokalisieren, digital vormerken, die Liste der gemerkten Artikel aufs Smartphone laden und im Webshop bestellen. „In Punkto Emotion und Entertainment ein durchschlagender Erfolg; aus monetärer Sicht ein recht kostspieliges Instrument, und (noch) kein großer Umsatzbringer, aber man bedenke: 1 GB Speicher kostet weniger als 1 Quadratmeter Ladenfläche“, so Bernd Albl, Senior Director AE Solutions der Ars Electronica GmbH.

Den Handel neu designthinken

Sehr interessante, teils außergewöhnliche Einblicke in völlig neu gedachte Handelskonzepte gab Michael Thurow, Gründer und Geschäftsführer der tm concept e.U.: Humanic vermisst des Kunden Fuß und erleichtert so den Schuhkauf on- wie offline. Hointer in Seattle stellt seine Jeans jeweils in nur einer Größe aus. Der Kunde scannt den Barcode seines Favoriten, bekommt eine Umkleidekabine zugeteilt, und findet dort das Modell in der passenden Größe vor. Und H&M setzt auf Pop-Up-Store am Badestrand. Was haben alle diese Konzepte gemeinsam? Es geht um Abwechslung und Flexibilität, Vernetzung und multimediale Angebote. „Im Handel brauchen wir sinnliches und sinnvolles Erleben“, erläutert Michael Thurow. Mit seinem multidisziplinären, iterativen Design Thinking Ansatz ist er nah am Kunden und entwickelt Konzepte, die Aufmerksamkeit erregen.

Vor der Kür die Pflicht

Trotz aller High-Tech sollte jedoch eines nicht vergessen werden: Der Mensch. Eine positive Customer Journey – darin sind sich alle Diskutanten der abschließenden Podiumsdiskussion einig – beginnt mit einem Lächeln; wo klassische Verkäufertugenden fehlen, da hilft auch kein Multichanneling. Beides sinnvoll zu verknüpfen, das schafft Wein & Co: „Wir liefern Bestellungen vom Laden aus und verprovisionieren sie dort; so profitieren unsere Mitarbeiter von Online-Umsätzen und betrachten den Web-Shop nicht als Feind“, erklärt Florian Größwang, Geschäftsführer des größten Weinfachhandels Österreichs. Und auch weitere traditionelle Erfolgsfaktoren gelten heute wie eh und je: Convenience, etwa der Parkplatz vor der Tür, ein attraktives Markenumfeld, Events, Kundenkarten, und eben zielgerichtetes Marketing bringen Kundenfrequenz. Und bevor man dann über die Schaffung positiver Emotionen visioniert, so Arndt Traindl, Geschäftsführer der retail branding GmbH, sollte man erst einmal Stressfaktoren beseitigen: Volle Umkleidekabinen, lange Warteschlangen oder schlechte Orientierung.

Bilder
Das Zumtobel Lichtforum – der Veranstaltungsort – war bis auf den letzten Platz ausgebucht. „Ein Thema, das den Handel offenbar bewegt“, so die Initiatoren.
Das Zumtobel Lichtforum – der Veranstaltungsort – war bis auf den letzten Platz ausgebucht. „Ein Thema, das den Handel offenbar bewegt“, so die Initiatoren.
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