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Freitag, 29. März 2024
Zu wenig Mut – Österreich ist EU-Schlusslicht

FEEI: Bestbieterverfahren wird nicht umgesetzt

Hintergrund E-Technik | Dominik Schebach | 31.01.2017 | |  Archiv
Christian Knill, Präsident des FMTI und FEEI-Präsidentin Brigitte Ederer wollen das Bestbieterprinzip bei öffentlichen Vergaben stärken. Christian Knill, Präsident des FMTI und FEEI-Präsidentin Brigitte Ederer wollen das Bestbieterprinzip bei öffentlichen Vergaben stärken.

Seit rund einem Jahr ist die Novelle des Bundesvergabegesetzes in Kraft. Damit sollte eigentlich das Bestbieterverfahren bei öffentlichen Vergaben rechtlich verankert werden. Wie nun eine gemeinsame Studie des Fachverbandes der Elektro- und Elektronik-Industrie sowie des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie zeigt, bleibt der Preis weiterhin das bestimmende Element. FEEI-Präsidentin Brigitte Ederer und FMTI-Präsident Christian Knill kritisieren in diesem Zusammenhang auch den fehlenden Mut der öffentlichen Stellen.

Für die Studie wurden rund 18.600 Vergabeverfahren der öffentlichen Hand untersucht. Das Ergebnis des WIFI ist ernüchternd. Denn preisfremde Kriterien wie Qualität, Garantie, Nachhaltigkeit, oder auch die Beschäftigung von über 50jährigen, spielten nur bei 54% der Vergaben über dem Schwellwert von 209.000 Euro eine Rolle – und selbst bei diesen Verfahren war bei jedem Fünften der Preis mit 95% der Gewichtung ausschlaggebend.

Dabei geht es um viel Geld und einen enormen Hebel, den die öffentliche Hand nicht nutzt. Denn immerhin beläuft sich das jährliche Ausschreibungsvolumen rund 35 Mrd Euro. Das sind 11% des BIP. Damit kann sich auch die Wirkungskraft der öffentlichen Ausschreibungen für innovative Lösungen nicht entfalten. „Im internationalen Vergleich sind wir hier wirklich schlecht“, erklärte dann auch Knill trocken. „ Es gibt trotz der EU-Richtlinien im Vergaberecht einen großen Spielraum. Der wird allerdings nicht genutzt. Es gibt praktisch kein Land in der EU, in dem das so ausgeprägt ist.“

Es braucht mehr Mut, nicht nur auf den Preis zu schauen“, erklärt deswegen auch Ederer. „Natürlich spüren wir hier auch den Druck der leeren Kassen. Aber es besteht der Verdacht, dass in den Vergabestellen eine große Angst herrscht, dass man bei einer Berücksichtigung von innovativen, nicht preisgebundenen Kriterien sofort kriminalisiert wird.“ Der Preis sei dagegen einfach zu vergleichen und erlaube bei einer Prüfung durch einen Landes- und oder den Bundesrechnungshof immer eine einfache Rechtfertigung. Innovative Lösungen bleiben damit aber auf der Strecke. Wenn man dagegen innovativ nachfrägt, ist natürlich die Gefahr größer, dass nicht alles sofort funktioniert, aber es bringt langfristig mehr für den Standort.“

Für die anstehende Novelle des Bundesvergabegesetzes wollen Ederer und Knill deswegen eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen propagieren. So fordern die Unternehmen der Elektro- und Elektronikindustrie sowie der Metalltechnischen Industrie eine gesetzliche Verankerung von mindestens zwei preisfremden Kriterien in jeder Ausschreibung, damit Österreich auch bei Bestbieterprinzip zu einem Vorzeigeland werde. „Um das Problem der so genannten Feigenblattkriterien zu verhindern, soll darüber hinaus eine Maximalgewichtung des Preises gesetzlich festgeschrieben werden, zum Beispiel 60 bis 80 Prozent“, so Knill.

Weiters sei es zielführend, Kataloge mit Qualitätskriterien zu erstellen, um Auftraggebern und Beschaffern die Auswahl an preisfremden Kriterien zu erleichtern. Wesentlich für die Stärkung des Bestbieterprinzips sei aber auch die laufende Schulung der Personen und Entscheidungsträger in den ausschreibenden Stellen der Gemeinden, Länder und des Bundes. Dies erfordert Ressourcen sowie fachliche und technische Kompetenz auf der Auftraggeberseite. Dies ist insbesondere bei komplexen Projekten der Fall. Eine Möglichkeit, die notwendigen Kompetenzen aufzubauen, sei zB die Einrichtung einer zentralen Stelle, über die die Ausschreibungen koordiniert und abgewickelt werden.

Von solchen Bieterverfahren könnte die heimische Wirtschaft gleich mehrfach profitieren. So setze die öffentliche Hand damit Impulse für innovative Lösungen und regt heimische Forschung & Entwicklung an. Daneben profitiere natürlich auch die lokale Wertschöpfung von der Hebelkraft dieser Investitionen. Und gerade für exportorientierte Unternehmen ist ein Heimmarkt als Fundament wichtig. „Um Chancen im wahrsten Sinne ‚vergeben‘ zu können, möchten wir den Entscheidungsträgern Mut machen. Die öffentlichen Beschaffer sollen innovativen österreichischen Unternehmen die Chance geben, auch am Heimmarkt aktiv und erfolgreich zu sein“, so Ederer.

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