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Donnerstag, 28. März 2024
Neue Technik, neue Problemfälle

Deutschland: Debatte um „Dashcams” entbrannt

Multimedia | Wolfgang Schalko | 29.06.2016 | |  Archiv
Bezüglich Dashcams (Abkürzung für „Dashboard Camera Bezüglich Dashcams (Abkürzung für „Dashboard Camera", also „Armaturenbrett-Kamera") ist in Deutschland die Diskussion neu aufgeflammt. In Österreich sind sie nur für private Zwecke zulässig und die Aufnahmen werden als Beweismaterial nicht bzw nur unter gewissen Voraussetzungen anerkannt. (©Photoindustrie-Verband e.V.)

Dashcams, die hinter der Windschutzscheibe von Fahrzeugen angebrachten Kameras, sieht der deutsche Photoindustrie-Verband e.V. (PIV) als wichtiges und unerlässliches Tool in der Beweisführung von Verkehrsunfällen und/oder -verstößen. Daher fordert er ein zeitgemäßes Urteil für Befürworter und Gegner gleichermaßen.

„Unsere Branche“, so Christian Müller-Rieker, Geschäftsführer des Photoindustrie-Verbandes, „stellt mit den in Dashcams verbauten Imagingtechnologien visuelle Lösungen bereit, die es Unfallverursachern sowie -geschädigten, aber auch der Polizei, Gerichten und Versicherungen ermöglichen, transparent Unfallhergänge sowie Verkehrsverstöße auf einfachste Art aufzuklären. Die analogen Zeiten gehören mit den Dashcams der Vergangenheit an. Smarte Imagingtechnologien müssen ihre rechtlich anerkannte Anwendung finden„, betont Müller-Rieker. „Und das ist bereits der Fall, denken wir hier nur an die Sicherheitssysteme in der Verkehrsführung oder beispielsweise an die mit Bodycams ausgestatteten Polizisten“. Dass damit natürlich auch eine Verantwortung der Nutzer verbunden ist, wie beispielsweise die Wahrung des Persönlichkeitsrechtes, darum wüssten mündige Anwender von Imagingtechnologien – und dies nicht nur in Bezug auf Dashcams.

Andrea Voßhoff, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, sieht in der lückenlosen Dokumentation von Personen und Kennzeichen mithilfe von Dashcams während der Fahrt einen Verstoß gegen den Datenschutz. Unproblematisch wird von ihr hingegen die zeitweise, rein private Nutzung bewertet. Rechtsunsicherheit, so der PIV, ergibt sich in der nicht spezifizierten Zeitspanne.

„Den Vorschlag des Automobilclubs ACE (Auto Club Europa e.V.), nur elektronisch ‚verplombte‘ Dashcams zuzulassen und damit einen Ausweg aus der aktuellen Situation zu bereiten, bewertet der PIV als Entmündigung – dann müssten theoretisch alle Bildaufzeichnungsgeräte verplombt werden“, so Müller-Rieker. Auch der Vorschlag, Dashcams erst kurz vor einem Unfall in Betrieb zu nehmen, bewertet der PIV als absolut bedenklich, auch weil es die Verkehrssicherheit beeinträchtigt. „Kurz vor einem Unfall gilt es für den Fahrer, diesen nach Möglichkeit noch abzuwenden und nicht die Aufnahme der Dashcam zu aktivieren“, führt Müller-Rieker aus.

Der PIV sieht bei der Verwendung von Dashcams die dringende Notwendigkeit des legitimierten Einsatzes und spricht sich zudem für eine längst überfällige Regelung der Zulässigkeit und Nutzung von durch Dashcams erstellten Videomaterials vor Gericht im Sinne aller aus. „Es kann nicht sein“, so der PIV-GF, „dass der Gesetzgeber hier keine klare allgemeingültige Rechtssicherheit schafft und die Nutzung des Bildmaterials aktuell je nach Gericht und Situation befürwortet oder abgelehnt wird.“

Der PIV findet in seiner Position Befürworter wie beispielsweise Sven-Erik Wecker von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG): „Eine Dashcam erhöht generell die Erfolgsaussichten einer objektivierten, tatsachengerechten Beweisführung“. Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) spricht sich für den Einsatz von Dashcams aus, denn so GDV-Experte Uwe Cremerius „bei vielen Unfällen lässt sich schneller und einfacher feststellen, wer die Schuld trägt“.

Situation in Österreich

In Österreich erspart man sich solche Diskussionen, denn laut Österreichischer Datenschutzbehörde ist der Betrieb von Dashcams durch Private grundsätzlich nicht zulässig. Eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum (im Sinne von § 27 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF.) ist aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols nur im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes durch die Sicherheitsbehörden (vgl. § 54 Abs. 6 und 7 Sicherheitspolizeigesetz bzw. die spezielle Ermächtigung des § 98e Straßenverkehrsordnung für die Überwachung aus Fahrzeugen durch die Polizei) zulässig. Privatpersonen fehlt die hierfür erforderliche „gesetzliche Zuständigkeit“ bzw. „rechtliche Befugnis“ im Sinne des § 7 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000.

Im November 2012 hat die Datenschutzkommission (als Vorgängerin der Datenschutzbehörde) erstmals mit einem Bescheid den Betrieb einer Dashcam untersagt. Diese Linie wurde in der Zwischenzeit durch weitere Entscheidungen der Datenschutzbehörde inhaltlich bestätigt bzw. fortgeführt, und auch das Bundesverwaltungsgericht hat im Jänner 2015 eine Beschwerde gegen einen sehr ähnlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen und damit die Rechtsansicht der Datenschutzbehörde bestätigt.

Laut ergänzender Information der ASFiNAG sind Dashcams hierzulande zwar nicht ausdrücklich verboten, aber – anders als in vielen osteuropäischen Ländern aber auch in Dänemark, Frankreich und Großbritannien – ausschließlich für private Zwecke erlaubt. Denn in Österreich müssen fix installierte Kameras mit Blick auf öffentliche Bereiche dem Datenschutzgesetz entsprechend gemeldet und registriert werden. Werden also Dashcam-Aufzeichnungen ins Internet gestellt und damit veröffentlicht, so müssen Personen und Fahrzeugkennzeichen unkenntlich gemacht werden – selbst bei Videos als Nachweis der eigenen Unschuld werden diese Aufnahmen nur dann anerkannt, wenn personenbezogene Daten beziehungsweise Kennzeichen unkenntlich gemacht wurden.

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