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Dienstag, 19. März 2024
Gedanken zum Tag

Und plötzlich steht die Cobra vor der Tür

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 23.07.2017 | | 5  Archiv
(Bild: Thorben Wengert/ pixelio.de) (Bild: Thorben Wengert/ pixelio.de)

Sie sehen aus wie eine Mischung aus Blumenvase, Salzstreuer und Lautsprecher. Ich spreche von Sprachsteuerungssystemen wie zB Google Home und Amazon Echo; von den Mitbewohnern der Zukunft bzw den digitalen Assistenten, die helfen sollen, den Alltag zu organisieren. Einfach indem man mit ihnen redet. ... ich bin da allerdings skeptisch.

(Bild: Thorben Wengert/ pixelio.de)

Auf Zuruf spielen sie Musik, informieren über Flugverspätungen und reservieren einen Tisch im Restaurant. Auch das Smart Home lässt sich mit diesen Geräten steuern. Sie verbinden sich nahtlos mit kompatiblen smarten Geräten und schalten auf Wunsch zB das Licht im Wohnzimmer ein. Ganz nebenbei beantworten sie den Kindern Fragen zu den Englisch-Hausaufgaben und natürlich kann man per Sprachbefehl Waren bestellen und (ganz wichtig!) kaufen.

Klingt auf den ersten Blick doch praktisch und die neuen virtuellen Assistenten werden auch höchst erfolgreich an (vorerst mal nur US-) Konsumenten gebracht – bzw. in deren Wohnungen. Nur was ich mich frage: Angeblich „erwachen“ die Geräte erst dann bzw. beginnen erst dann „zu lauschen“ wenn Signalwörter wie „Alexa“ oder „Ok, Google“ fallen. Um diese Signalwörter zu erkennen, müssen diese Geräte aber doch permanent mithören – oder? 

Nun wird großen Konzernen wie Google und Amazon ja sowieso schon nachgesagt, dass sie Daten über Menschen sammeln was geht. Jetzt kommen sie an diese Daten nicht mehr nur über Eingaben oder Bestellungen der Menschen am Computer, Tablet oder Handy heran, sondern sitzen direkt bei den Konsumenten zuhause im Wohnzimmer – und bekommen theoretisch jedes, noch so intime Detail mit.

Kleine Randnotiz

In meinem Kurzurlaub in Kärnten letzte Woche blätterte ich beim Trinken meines Morgenkaffees in diversen Tageszeitungen, um am Weltgeschehen teilhaben zu können. Da entdeckte ich eine kleine Randnotiz aus Amerika: Der Besitzer eines smarten Lautsprechers soll seine Freundin verprügelt und bedroht haben. Während des Angriffs fragte er seine Lebensgefährtin „Did you call the sheriffs?“ (ob sie also die Polizei gerufen habe). Das Gerät interpretierte das „call the sheriffs“ als Notruf, woraufhin die Polizei die Attacken mithören konnte und ein Einsatzteam losschickte …

In diesem Fall hat ein smarter Lautsprecher für Hilfe bei einem Fall häuslicher Gewalt gesorgt. Diese Geräte könnten in Kriminalfällen also tatsächlich eine Rolle spielen, was ja grundsätzlich nicht schlecht ist. Dennoch ist die US-Polizei mit diesen Geräten nicht unbedingt zufrieden, wie in dem Artikel stand, da es in den vergangenen Monaten immer wieder unbeabsichtigte Notrufe gab, die allerdings jeglicher Grundlage entbehrten.

Randnotiz in der Randnotiz

Interessant in oben erwähnter Randnotiz war auch: Die Polizei im US-Bundesstaat Arkansas hatte vergangenes Jahr von Amazon die Herausgabe von Echo-Daten verlangt. Die Ermittler hofften, dass Sprachaufnahmen bzw. Anfragen an den smarten Lautsprecher einen Verdächtigen überführen könnten oder zumindest Hinweise auf dessen Aufenthaltsort geben. Nach anfänglicher Weigerung lieferte Amazon die Daten schließlich doch, womit (vorausgesetzt der Artikel war gut recherchiert) bewiesen wäre, dass Amazon die aufgezeichneten Protokolle sehr wohl speichert. (Übrigens: Witzigerweise war es schließlich die Taschenlampen-App am Smartphone des Verdächtigen und nicht die Echo-Daten, die den entscheidenden Hinweis für die Überführung gab).

Kritisch gesehen

Sie haben wahrscheinlich schon bemerkt: Ich sehe intelligente Sprachassistenten, die mit einem Mikrofon permanent ihre Umgebung belauschen also erst mal kritisch. Eben weil ich keine Ahnung habe, was mit den dabei erfassten Informationen passiert, wie sie genutzt und gespeichert werden. Im Internet findet man immer mehr Einträge von Usern zum Thema. Einer erzählte, dass er einfach sein Smartphone aus der Tasche zieht und durch Dutzende Sprachdateien scrollt. Es sind die Protokolle seiner Gespräche mit Amazons Echo-Box, die „ja lediglich automatisch zur Verbesserung der Spracherkennung“ gespeichert werden … und dazu noch einiges mehr. So sei da zB zu hören gewesen, wie er mit einem Kollegen eine Reise in die USA bespricht. Der Betroffen habe aber in diesem Moment nicht mit Alexa gesprochen, wie er betonte. Trotzdem wurde ein Teil der Konversation mitgeschnitten.

Oft sind es nur Gesprächsfetzen von einigen Sekunden. Doch reicht das nicht völlig aus, um Misstrauen zu wecken? Laut Amazon werden Gespräche also „nur gespeichert, um die Spracherkennung zu verbessern“, diese Aufnahmen könnten auch individuell gelöscht werden. Wie ICH glaube, hat der Nutzer in Wahrheit GAR KEINE Kontrolle darüber, was von Amazon aufgenommen und vor allem gespeichert wird. Ganz zu schweigen von Computer-Hackern, für die es sicher ein Leichtes wäre, sich in so einen smarten Lautsprecher „einzuklinken“. Da fällt mir ein: US-Journalisten und –Datenschützer haben beim FBI nachgefragt, ob Amazon Echo zu Abhörzwecken genutzt würde. Die US-Fahnder wollten das allerdings weder bestätigen noch dementieren… Nicht, dass ich großartig etwas zu verheimlichen hätte, aber ich suche mir schon gerne selbst aus, wer mir zuhört und wer lieber nicht.

Richtig blöd wird es dann nur, wenn plötzlich die Drogenfahndung vor der Haustür steht, nur weil man einem Freund, mit dem man verabredet ist, am Telefon gesagt hat „Kann-a-bis`l später werden“ oder (im Dialekt) „Hasch’ a länger Zeit?“. Oder wenn man laut zu Falcos „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ mitsingt. Spannend ist auch was passiert, wenn man beim Fensterputzen voller Inbrunst Eric Claptons „I shot the sheriff“ trällert … schlimmstenfalls wird man von der Cobra in Handschellen abgeführt.

 

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Kommentare (5)

  1. Und dann war da noch…

    …irgendwo mal der taube (aber intelligente) Wasserzähler, der den Mörder „überführte“, weil in der Wohnung ungewöhnlich viel Wasser zu einer ungewöhnlichen Zeit verbraucht wurde… vermutlich um die Blutspuren weg zu waschen.

    Die intelligenten Systeme sind dann wohl der Weg in diese Richtung:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Predictive_Policing

  2. Mikrofone…

    „Ich sehe intelligente Sprachassistenten, die mit einem Mikrofon permanent ihre Umgebung belauschen also erst mal kritisch.“

    Ich glaube dass der kritische Blick auch gerechtfertigt ist.
    Intelligent oder auch nicht, aber fast jedes Notebook hat ein eingebautes Mikrofon, jedes Handy hat es, einige TV haben es auch.. (ist nicht so lange her da gab es eine Schlagzeile wegen koreanischer TV die „mitlauschten“ im Standby-Modus)

    Es ist schon klar dass man es jetzt mit solchen sprachgesteuerten es noch extremer wäre, aber zu glauben dass man unter einer Glasglocke lebt nur weil man ja daheim ist, ist vermutlich eine (wenn auch beruhigende) Illusion.

    Ganz nach der Art wenn man nach einem Jahrzehnt der Benutzung von Suchmaschinen und Sozialen Netzwerken sich auf einmal fragt was eigentlich mit den Daten passiert 🙂

  3. @Josef

    Egal, ob die Geschichte wahr ist oder nicht: You didn´t catch the point! Anders ausgedrückt: Themenverfehlung.

    Der Kommentar von Steffi Bruckbauer beschäftigt sich ja ganz prinzipiell mit der Gefahr durch Geräte, die in unseren Wohnräumen bereits installiert sind bzw in Zukunft installiert sein werden und sich völlig unserer Kontrolle entzieht, was diese Geräte über das Internet „reporten”, wohin diese Daten gelangen und was mit diesen geschieht.

    Ob dabei mal die Polizei verständigt wurde oder nicht, ist ein lustiges Detail, hat aber mit dem Thema an sich nichts zu tun…

  4. ist die Story mit Alexa nicht weltweit durch alle Medien gegangen? haben die dann alle schlecht recherchiert? ich find das lustig

  5. Recherchieren ist wohl nicht mehr?

    Alexa ruft Sheriff, so ein Bullshit? Sie sollten mal genauer recherchieren, bevor Sie Fakenews weiterverbreiten!

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