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Donnerstag, 25. April 2024
Weniger Unternehmensinsolvenzen – mehr Privatkonkurse

Creditreform: 22 Firmen-Insolvenzen pro Tag

Hintergrund | Dominik Schebach | 11.01.2016 | |  Archiv
(Foto: Thorben Wengert/www.pixelio.de) (Foto: Thorben Wengert/www.pixelio.de)

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist laut Creditreform auf den niedrigsten Stand seit 13 Jahren gesunken. Dennoch werden jeden Tag 22 Unternehmen zahlungsunfähig. Bedenklich ist die Situation allerdings bei den Privatkonkursen. Von diesen registriert die Creditreform jeden Tag 40. Nach fünf Jahren kontinuierlichen Rückgangs hat sich hier der Trend gedreht.

Insgesamt registrierte die Creditreform in ihrer Insolvenzstatistik für 2015 5.422 Verfahren zu Firmeninsolvenzen. Das ist der niedrigste Stand seit 2002. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist dabei um 3,2% auf 3.218 Fälle, die Zahl der mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesenen Fälle um 4,7% auf 2.204 gesunken. Vor allem im ersten Halbjahr 2015 konnte der Gläubigerschutzverband einen starken Rückgang bei Firmeninsolvenzen verzeichnen. Betroffen sind vor allem Klein- und Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer (rund 20.000) ist aufgrund der Zielpunkt-Insolvenz leicht angestiegen. Die Höhe der Insolvenzpassiva (ca. 2,0 Mrd. Euro) als auch die Zahl der betroffenen Gläubiger (58.000) ist gesunken.

In der regionalen Verteilung zeigt sich, dass die Firmeninsolvenzen in den westlichen Bundesländern am stärksten zurückgegangen sind (Tirol -27,1%, Vorarlberg -14,7% und Oberösterreich -9,5%). Gegen den Bundestrend entwickelten sich Wien und das Burgenland (+4,2% bzw +0,6%). Die am stärksten betroffenen Branchen sind das „Bauwesen“, gefolgt vom „Beherbergungs- und Gaststättenwesen“ (28 bzw 18 Insolvenzen je 1.000 Unternehmen).  Den stärksten Zuwachs verzeichnete das Transportwesen mit einem Plus von 5,4%, den stärksten Rückgang meldete die Branche „Sachgütererzeugung“ mit einem Minus von 9,2%, der vor allem dem starken Exporterfolg zu verdanken sei.

Nach der Beurteilung der Creditreform hätten niedrige Zinsen und bei der Kreditvergabe verantwortungsvoll agierende Banken sowie fallende Rohstoffpreise zur dieser Entwicklung geführt, obwohl die Stimmungslage in der Wirtschaft weiterhin schlecht sei. Abgesehen von Zielpunkt und Schirnhofer zeigte sich aber auch, dass vor allem Klein- und Kleinstunternehmen betroffen seien. Als Insolvenzursachen macht die Creditreform hier oft einen gravierenden Mangel an kaufmännischem Know-how in Fragen der Buchhaltung, Rechnungslegung, Liquiditätsplanung und ähnliches aus. Dazu komme der härtere Wettbewerb, der in vielen Fällen in ein reines Verdrängen übergegangen ist.

Privatkonkurse

Die Zahl der Privatkonkurse ist im vergangenen Jahr auf 9.900 gestiegen. Nachdem seit 2010 die Zahl der Privatinsolvenzen kontinuierlich zurückgegangen ist, hat das Jahr 2015 eine Trendwende eingeläutet. Vor allem die hohe Arbeitslosigkeit und steigende Lebenshaltungskosten führen zu mehr Insolvenzen. Im Durchschnitt beträgt die Verschuldung 67.000 Euro.

Der „typische“ Schuldner sei laut Creditreform männlich, in der Hälfte der Fälle arbeitslos, zwischen 30 und 50 Jahre alt, lebt in der Stadt und verfügt nur über eine unterdurchschnittliche (Aus-)Bildung. Die Insolvenzgründe liegen immer in mehreren zusammenfallenden Ereignissen, angeführt von Jobverlust, gescheiterter Selbständigkeit und im sorglosen Umgang mit Geld. Hauptgläubiger sind Banken, Mobilfunk-Unternehmen und Energieversorger.

Da keine spürbare Entlastung des Arbeitsmarktes zu erwarten ist, rechnet die Creditreform auch für 2016 mit einem weiteren Zuwachs der Privatinsolvenzen auf erstmals über 10.000 Schuldenregulierungsverfahren. Angesichts der wenig erfreulichen Konjunkturaussichten sei noch mehr Vorsicht im Umgang mit Geld geboten. Der allgemeine Konsumdruck und verlockende Werbeaktionen mit „kostenloser“ Finanzierung sollten nicht davon ablenken, dass am Ende des Tages auch gezahlt werden muss. Einmal mehr fordert deswegen die Creditreform die Einführung eines Pflichtschulfaches „Finanzbildung“, da das Wissen um Kredit, Zinsen, etc. genauso zur Allgemeinbildung wie Lesen, Schreiben und Rechnen gehöre.

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