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Freitag, 26. April 2024
Studie des Handelsverbandes

Expedition Kunde: Die Customer Journey im österreichischen Einzelhandel 2018

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 11.06.2018 | |  Archiv
Die Studie „Expedition Kunde. 10 Customer Journeys. 10 Produkte.” nennt als Erfolgsformel für den österreichischen Einzelhandel: Prominent im Web, kompetent im Shop. (©Stefan Zamisch/Gebrüder Pixel)
Die Studie „Expedition Kunde. 10 Customer Journeys. 10 Produkte.” nennt als Erfolgsformel für den österreichischen Einzelhandel: Prominent im Web, kompetent im Shop. (©Stefan Zamisch/Gebrüder Pixel)

Jeder zweite Kunde, der ein Fahrrad kaufen möchte, betritt das Geschäft bestens informiert. Er hat schon vorab ausgiebig im Netz recherchiert, Flugblätter konsultiert und auf Werbung geachtet. Die Anforderung an die Kompetenz des Verkäufers ist riesig – zahlt sich aber aus, denn die persönliche Beratung ist einer der für den Kauf ausschlaggebendsten Faktoren. Bei welchen Produkten sich dieser personelle Einsatz wirklich auszahlt, ist eines der Ergebnisse der zweiten Customer Journey Studie von Handelsverband, Google und der Österreichischen Post.

Wie verhält sich der Konsument vor, während und nach dem Kauf eines Produktes? Im Rahmen der groß angelegten Studie EXPEDITION KUNDE wurde zum zweiten Mal in Folge die Customer Journey, also die Reise von der Kauf-Idee bis zum Erwerb, von über 2.000 Konsumenten anhand von 10 konkreten, für ihre jeweilige Produktgruppe stellvertretenden Produkten abgefragt.

2018 stehen neue Produkte im Fokus der Studie: Was sind die stärksten Bedarfsauslöser beim Kauf eines Sofas, Fernsehers oder Wintermantels? Wodurch lässt sich der Waschmaschinen- oder Wein-Käufer in seiner Kaufentscheidung beeinflussen? Welche sozialen Kontakte spielen beim Erwerb eines Fahrrads oder Parfums eine Rolle?

Eine überraschend lange Reise

Von der allerersten Kauf-Idee bis zum konkreten Erwerb des gewünschten Produktes vergehen bei der Kreuzfahrt etwa 120 Tage, bei Sofa und Fahrrad 60, beim Fernseher immerhin 30 Tage. „Je größer die Anschaffung, desto länger ist der Kaufprozess. Bis zu 4 Monate hat der Händler Zeit, um dem suchenden Kunden zu begegnen und ihn von sich zu überzeugen“, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.

Auslöser für den Kauf

Klar, dass der Hauptauslöser für einen Kauf der konkrete Bedarf bzw. die Beschaffung eines Ersatzes ist. In 37% der Fälle jedoch ist der Kauf extern inspiriert: Gespräche mit Freunden, der Point of Sale und Werbung sind die Top-Ideengeber. Bei emotional aufgeladenen Produkten wie der Kreuzfahrt, dem Wein oder Griller löst das soziale Umfeld meist die Kauf-Idee aus, bei eher individuellen Produkten wie Jacke oder Sofa punkten Werbung und Schaufenster.

Internet ist Informationsquelle Nummer eins

Als Informationsquelle Nummer eins hat sich das Internet durchgesetzt: In 49% aller geplanten Kaufprozesse wird im Netz recherchiert und verglichen. Dabei ist die Suchmaschine meist die erste Anlaufstelle (60%), es werden aber auch konkrete Websites von Händlern oder Marken aufgerufen (48%).

Besonders geachtet wird in der Phase der Informationssuche auf Werbung aller Art: 39% der Käufer scannen ihre Umwelt informationshungrig nach Flugblättern/Prospekten (71%), Katalogen (34%), Zeitungsinseraten (25%) und Online-Werbung (20%). „Hier offenbart das Flugblatt sein volles Potenzial: Für Konsumenten in der Informationsphase ihrer Customer Journey sind Flugblätter und Prospekte eine höchst willkommene Informationsquelle„, sagt Walter Hitziger, Vorstand der Österreichischen Post AG.

Kompetente Kunden erfordern kompetente Verkäufer

Im Durchschnitt informiert sich jeder dritte Käufer online, bevor er stationär ein Produkt kauft – und bei welchem Händler er beabsichtigt, den Kauf zu tätigen. Beim Fahrrad- oder Fernseher-Kauf betritt sogar jeder Zweite das Geschäft bestens informiert, denn er hat schon vorab recherchiert: die Suchmaschine befragt, in 50% der Fälle laut Google Österreich übrigens per Smartphone, er hat Hersteller- oder Händlerseiten konsultiert oder sich vom Flugblatt inspirieren lassen.

Dieser Umstand verlangt ein hohes Kompetenzlevel des Verkäufers – was sich jedoch deutlich bezahlt macht, denn über alle zehn erhobenen Produkte hinweg betrachtet ist die persönliche Beratung für den Kauf der ausschlaggebendste Faktor (75%) – gefolgt von der Internetrecherche (63%) und dem Austausch mit anderen Personen (62%).

Es zeichnen sich jedoch auch Produktgruppen ab, für die die Beratung eine untergeordnete Rolle spielt: Beim Kauf einer Winterjacke etwa werden die Internetrecherche und der Austausch mit Freunden als ausschlaggebend empfunden, ähnlich verhält es sich beim Parfum oder Sofa – offenbar eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Stationäre Frequenzsteigerung durch Nutzung der digitalen Weggabelungen

Der stationäre POS bleibt weiterhin für die meisten Branchen der wichtigste – 70% der Befragten haben ihre Ware letztendlich im Geschäft erworben. „Je nach Artikel informieren sich bis zu 50% der Kunden, die stationär kaufen, davor im Internet. Nachdem der konkrete Bedarf/Ersatz den wichtigsten Auslöser von Käufen darstellt, ist es sowohl für Verkaufssteigerung stationär als auch für die Markenbildung wichtig, in der Suchmaschine präsent zu sein. In diesen hoch relevanten Momenten der Customer Journey entscheidet sich stark, wohin die Reise zum Kauf weiterführt, also bei wem im Endeffekt gekauft wird. Der Effekt und Wertbeitrag dieser Präsenz in der Suchmaschine kann mit Google Store Visits auch gemessen werden“, so Matthias Zacek, Google Austria.

Jede zweite Suchanfrage auf Google Search wird vom Smartphone aus getätigt. Nun ziehen auch die Käufe per Smartphone nach, vor allem in den jungen Altersgruppen. Im Schnitt werden 17% der Einkäufe per Smartphone erledigt, bei den 18- bis 39-jährigen sind es bereits knapp 30%.

Erfolgsfaktor Zustellung

Ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor für Online-Shops ist der Paket-/Lieferdienst: Wer mit der der Zustellung seiner Ware sehr zufrieden war, weist eine mehr als doppelt so hohe Wiederkaufsbereitschaft auf, als jene, die weniger zufrieden waren. „Die Zustellqualität ist beim Online-Shopping einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Dass die Post präferierter Anbieter der befragten Konsumenten ist, zeigt, dass wir mit unseren Services auf der letzten Meile auf dem richtigen Weg sind“, sagt Peter Umundum, Vorstand der Österreichischen Post AG.

89% Wiederholungstäter

Spannende Ergebnisse bringt die Analyse der Beziehung des Konsumenten zum Händler, bei dem er letztendlich die Ware gekauft hat. „Kunden zu binden ist nicht schwer, Neukunden zu gewinnen dagegen sehr: 89% der Konsumenten haben – regelmäßig oder zumindest selten – schon einmal in diesem Geschäft eingekauft. Umgekehrt bedeutet das aber, dass nur 11% der Konsumenten als Neukunden gewonnen werden konnten„, kommentiert Rainer Will. Bezahlt machen sich hier Kundenbindungsprogramme aller couleurs, insbesondere zum Beispiel bei Wein oder dem Fernseher; hier kauften 99% der Käufer bei einem bekannten Händler.

Wer kauft, kauft meist mehr. Das Cross-Selling ist über alle Warengruppen hinweg in jedem dritten Fall erfolgreich. Neben den schnelldrehenden Produkten des Drogerie- und Fachhandels wie Wein und Parfum, bei denen man naturgemäß meist auch weitere Produkte in den Warenkorb legt, punkten das Fahrrad, die Kreuzfahrt und der Griller mit einer hohen Cross-Selling-Rate. „Das Geschäft mit Zubehör ist ebenso einträglich wie der Handel mit ergänzenden Dienstleistungen. Außerdem lässt sich Cross-Selling sowohl stationär wie auch online sehr gut abbilden“, so Rainer Will.

Nach dem Kauf ist vor dem Kauf – die Macht des kommunikativen Konsumenten

Eine enge Kundenbindung macht sich aus einem weiteren Aspekt heraus bezahlt: der Empfehlungswahrscheinlichkeit. 61% der Käufer haben nach dem Kauf mit anderen Personen darüber gesprochen, 41% haben nach dem Kauf das Produkt weiterempfohlen, und vor allem: Jeder Zehnte hat eine Rezension im Internet verfasst; im Falle der Kreuzfahrt sogar fast jeder Dritte. „Jeder zehnte Kunde stellt also mit höchster Reichweite ein Zeugnis aus, wirkt als vielfacher Multiplikator, und zwar in dem Umfeld, in dem er maximale Glaubwürdigkeit besitzt. Jeder Zehnte ist heute ein Influencer“, betont Rainer Will. „Bei diesen Zahlen sollte kein Händler die Phase nach dem Kauf unterschätzen.“

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