Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Donnerstag, 28. März 2024
Von Pinky, Brain & Amazon

Griff nach der Weltherrschaft

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 01.10.2017 | |  Archiv
Die hyperintelligente Labormaus Brain (re.) ist mit seinen absurden Plänen letztendlich immer daran gescheitert, dass ein Aspekt etwas anders lief als angenommen. Am nächsten Abend folgte stets ein neuer Anlauf, die Weltherrschaft an sich zu reißen.    Die hyperintelligente Labormaus Brain (re.) ist mit seinen absurden Plänen letztendlich immer daran gescheitert, dass ein Aspekt etwas anders lief als angenommen. Am nächsten Abend folgte stets ein neuer Anlauf, die Weltherrschaft an sich zu reißen.

Wer kann sich noch an Pinky und Brain erinnern? Jene zwei ebenso konträren wie durchgeknallten Labormäuse, die in Steven Spielbergs gleichnamiger Zeichentrick-Serie Abend für Abend höchst kreativ bis absurd, aber stets vergeblich versuchten, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Nicht nur allabendlich versucht selbiges auch Amazon, und wohl auch nicht ganz so erfolglos …

„Prime: Amazons Griff nach der Weltherrschaft“ lautete der Titel eines Artikels im Standard vom 19. September, und das darin Beschriebene könnte über weite Strecken der Feder der Pinky und Brain-Autoren entsprungen sein. Wäre da nicht der Aspekt des „Echt-Seins“…

Amazon Prime ist der All-Inclusive-Urlaub unter den Abo-Anwendungen. Für 69 Euro jährlich – also 5,75 Euro pro Monat – erhalten Nutzer nicht nur Zusatzfeatures bei Amazons ureigenem Dienst, der Lieferung von Produkten, sondern auch Zugang zu Videostreaming, Audiostreaming, Büchern und Magazinen sowie Speicherplatz in der Amazon Cloud. Das kommt gut an“, war in dem Beitrag zu lesen. 85 Millionen Prime-Mitglieder soll es alleine in den USA geben, weltweit eine dreistellige Millionenanzahl. Mittlerweile lasse Amazon daher nicht nur Buch- und Einzelhändler zittern, sondern eine ganze Reihe von Branchen.

Das ebenso Ungewöhnliche wie Problematische daran förderte vor einigen Monaten die Jus-studentin Lina Khan zutage: Amazon drücke die Preise, anstatt sie per Monopol anzuheben. Viele Waren seien dort so günstig wie irgendwo sonst. Zwei Elemente würden dabei Amazons Geschäftsstrategie auszeichnen: „Ein Wille, Verluste zu schreiben und aggressiv zu investieren, statt Profite einzunehmen – sowie verschiedene Geschäftsfelder zu integrieren.“ Und weil Amazon in so vielen Bereichen aktiv sei, greife auch das klassische Kartellrecht nicht – denn in der Betrachtung der einzelnen Branchen sei Amazon eben kein dominanter Player.

„Die Regierung sollte eingreifen, bevor Amazon 40 Prozent Marktanteil im Bereich Bücher, Lebensmittel, Kleidung, Hardware, Elektronikgeräte und Möbel erreicht hat – und bevor Amazon bei Lieferungen mit UPS, mit Oracle im Computing und mit Comcast in Medieninhalten gleichzieht“, schrieb dazu der Wirtschaftsjournalist Steven Pearlstein in der Washington Post – die bezeichnenderweise selbst Amazon-Chef Jeff Bezos gehört.

Ulrike Ginger, Wirtschaftspolitikexpertin der AK Wien, sprach davon, dass man „vor allem im IT-Bereich oligopolartige Gefüge“ sehen würde und erklärte, dass im Jetztzustand für die Kunden durch die Ausweitung der Firmenaktivitäten zwar keine Probleme entstünden, man sich jedoch die „Nebenmärkte genau ansehen“ müsse. Die Studentin Khan hatte gefordert, dass das Kartellrecht beginnen müsse, „neue Formen und Gradmesser“ zu nutzen, um Monopole zu entdecken. Denn sonst „riskieren wir, Kräfte wachsen zu lassen, die wir ablehnen, aber nicht erkennen.“

Was die Kunstfertigkeit des Plans betrifft , wäre Brain also wohl Feuer und Flamme dafür. Allerdings ließen Pinky und Brain gescheiterte Vorhaben stets auf sich beruhen und widmeten sich am nächsten Abend einem neuen Anlauf. Amazon ist da anders – und hat kürzlich damit begonnen, Kartellrechtler zu rekrutieren.

Diesen Beitrag teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

An einen Freund senden