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Donnerstag, 28. März 2024
New Economy

Wenn das Pendel in die andere Richtung ausschlägt

Hintergrund | Dominik Schebach | 01.10.2017 | |  Archiv

Die jüngste Entscheidung der Londoner Transportbehörde, Uber die Lizenz in der britischen Hauptstadt zu entziehen, schlug große Wellen. Natürlich kritisierten viele diesen Schritt, aber gerade auch viele Bannerträger der New Economy begrüßten die Entscheidung. Offensichtlich schlägt nun auch im angelsächsischen Raum das Pendel wieder in die andere Richtung aus. Es setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass eine App zu schreiben nicht mehr genug ist. Man muss sich auch an die grundlegenden Spielregeln halten.

Es zeigt sich: Immer öfter stoßen die großen Internetkonzerne an ihre Grenzen. Meistens in Form von rechtlichen Vorschriften, Arbeitsgesetzen bzw Wettbewerbsreglen. Die EU hatte da in Form ihrer Wettbewerbsbehörde schon öfters aufgezeigt, auch die kontinentalen Datenschützer müssen sich da jetzt nicht verstecken (wenn sie auch mehr tun könnten) und die EU-Datenschutzgrundverordung war überhaupt der Gesetzesakt mit den meisten Lobbying-Aktivitäten, der jemals in der EU beschlossen wurde. Ganz im Sinne der Konsumenten und gegen den Willen der Konzerne möchte ich hier anmerken.

Bemerkenswert ist aber, dass nun auch in den bisher New Economy-freundlichen angelsächsischen Staaten immer öfter das Pendel gegen die Interessen der großen Internetkonzerne ausschlägt. Jüngstes Beispiel ist eben Uber. Da hatte die Londoner Transportbehörde verkürzt beschieden, dass Uber sich an die Spielregeln zu halten habe, und dem Konzern die Lizenz entzogen. Die Begründung: Der offensichtliche Mangel an „Corporate Responsibility“ in Bezug auf die Art und Weise wie Uber seine Fahrer überprüfte und Vergehen bzw Verbrechen seiner Fahrer der Behörde bekannt gegeben hatte.

Diese Entscheidung folgte übrigens einer Auseinandersetzung mit Uber über den Status der Fahrer.(1) Die Behörde blieb auch angesichts eines großflächigen Protests bei ihrer Position. Nicht zuletzt weil sie vom Londoner Bürgermeister Sadiq Khan Rückendeckung erhalten hatte. Bis die Berufungsverfahren ausgefochten sind, darf Uber zwar weiter in London fahren, aber es bleibt ein Warnschuss.

London steht mit seiner Entscheidung übrigens nicht alleine dar. Auch die kanadische Provinz Quebec ist kurz davor Uber die Lizenz zu entziehen. Auch hier lautet die Begründung, da Uber im Endeffekt ein Fahrtendienst ist, habe es auch alle Auflagen eines Fahrtendienstes zu erfüllen, einschließlich der Sicherheitsbestimmungen für Fahrer. Auf die Drohung, den Dienst in der Provinz einzustellen, erhielt der Dienst ein kühles „Aber bitte doch“ zurück.

Gut – Uber hat sich durch sein Verhalten in den vergangenen Jahren nicht viele Freunde gemacht. Aber der schöne Schein der New Economy hatte in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass man über vieles hinweg gesehen hatte. Jetzt ist der Lack auch in den USA und dem UK ab. Oder wie es ein Venture Capitalist-CEO gegenüber dem US-Dienst TechCrunch ausdrückte: „Es gibt fundamentale Vorbehalte gegenüber den Business-Modellen von Unternehmen der Gig Economy. Während sie oft hervorragende Services und sowie Preis/Leistungsverhältnis anbieten, sind sie abhängig davon, dass sie keine Steuern, faire Löhne und Versicherungen zahlen.“ 

Warum ist die Entwicklung wichtig? Weil vieler diese ach so disruptiven Internt Companies ihre Preisvorteile nur mittels Stützungen durch ihre Investoren umsetzen können. Wenn Regulatoren auch in den bisher New Economy-freundlichen Staaten genauer hinschauen, dann werden auch die Venture Capitalist zurückhaltender. Dann reicht hoffentlich nicht mehr eine App und ein Business-Modell, das parasitär das Risiko auf pseudounabhängige Kleinunternehmer abwälzt.

Das ist ein Lichtblick. In meinem letzten Kommentar für E&W am Sonntag habe ich geschrieben, wir müssen offen sein und die Veränderung, die mit der Digitalisierung kommen, aktiv gestalten. Das gilt auch weiterhin. Denn neue Technologien machen neue Geschäftsmodelle möglich. Was uns aber vielleicht in Zukunft erspart bleibt, ist der Tsunami an pseudorevolutionären Geschäftsmodellen.  

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1. Ein britisches Arbeitsgericht hatte festgestellt: Da viele Uber-Fahrer ihren hauptsächlichen Unterhalt mit Fahrtendiensten für Uber bestreiten, sind sie de facto Angestellte, an die Uber überdies das geschäftliche Risiko ausgelagert hätte. Was nichts anderes hieß, dass Uber auch im Krankheitsfall den Lohn fortzahlen müsse, eine Urlaubsregel einführen müsse und seine Fahrer entsprechend screenen müsse.

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